τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Donnerstag, 28. Februar 2013

In der Metaphysik lesen (997b 13 – 998a 6)


Aristoteles setzt seine Kritik an dem, was wir die „platonische Ideenlehre“ nennen, fort und erläutert sie mit dem Verweis auf die spezifischen Gegenstände mehrerer Wissenschaften (womit er den obigen Hinweis auf die von ihm angenommene bzw. vorgeschlagene „Wissenschaftskultur“ ausführlich bestätigt). Die Unterscheidung zwischen „Linien an sich“ und „wahrnehmbaren Linien“ erkläre den Unterschied zwischen geometrischen Größen und geometrischem Zeichnen und leite über zur Unterscheidung von reiner Mathematik und angewandter Mathematik, bedeute aber nicht, daß beide in gleicher Weise existieren. Die angewandte Mathematik unterteile sich in die mathematischen Wissenschaften wie Astronomie (bei Aristoteles „astrologia“), die mathematische Optik, die sich mit den geometrischen Gesetzmäßigkeiten von Lichtreflexion und –brechung beschäftigt (während die physikalische Optik auf Farberscheinungen wie den Regenbogen eingeht), sowie die mathematische Harmonik (Musiktheorie). Eine angewandte Geometrie stellt die Geodäsie dar: Landvermessung.

Der Wissenschaftspluralismus stellt verschiedene Wissenschaften nebeneinander: zum Beispiel Arithmetik und Geometrie; und übereinander: zum Beispiel Geometrie und Geodäsie; doch diese behandeln nicht Gegenstandsfelder, die gleichermaßen „getrennt“ existieren. Die platonische Realitätsverdoppelung wird von Aristoteles mit dem ironisch-polemischen Hinweis auf eine daraus folgende Realitätsverdreifachung abgelehnt.

Walter Seitter

 

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