Heute ist Mozarts Geburtstag,
aber diese Glosse ist einem anderen wichtigen Thema gewidmet.
Wir haben darüber gesprochen,
ob die „gesuchte Wissenschaft“ besser „Metaphysik“ oder „Ontologie“ genannt
werden soll. Die in den Jänner-Sitzungen gelesenen Seiten schienen eher die
Bezeichnung „Ontologie“ nahezulegen. Zuletzt aber konnte die Frage auftauchen,
ob diese Ontologie nicht doch bloß in der Wiederholung selber Wörter, also in
Tautologie, oder aber in Analyse des gewöhnlichen Sprachgebrauchs bestehe:
Ordinary Language Philosophy.
In der griechischen
Tageszeitung Kathimerini erschien gestern wieder ein Artikel von dem
vielleicht bereits erwähnten Philosophen Christos Giannaras, der sich wieder
einmal mit der griechischen Krise beschäftigt – dies aber aus einer bestimmten
geopolitischen und geistespolitischen Perspektive. Ich zitiere einige Sätze aus
dem Aufsatz, der den Titel trägt „Warum ein ‚Dänemark des Südens’
unrealisierbar ist“.
Das grundlegende Element des
neueren westlichen Paradigmas ist sein kämpferisch „naturalistischer“
Charakter: die Notwendigkeit, daß sich die Menschen von dem Vorrang der
Metaphysik in ihrem Leben befreien.
Der Mensch des Westens ist
dadurch erwachsen geworden, daß ihm die Physik genügt; er braucht keine
Metaphysik. Die Logik der Natur und die Fähigkeiten der Natur (vor allem die
menschliche Erkenntnis) führen dazu, daß wir unsere Notwendigkeiten und Wünsche
so organisieren, daß wir von apriorischen „Wahrheiten“ und Voreingenommenheiten
frei sind. Die Praktiken des Lebens werden materialistisch; die Notwendigkeiten
und Triebe folgen der Selbsterhaltung.
Die mittelalterliche
Metaphysik des Westens war religiös – und gleichzeitig ums Individuum
zentriert: sie beförderte den Ich-Trieb des „individuellen Heils“. Die Neuzeit
lieferte diesem Heil ihr eigenes historisch-materialistisches Verständnis,
behielt aber die individualistische Richtung bei. Die beiden historisch-materialistischen
„Heils“-Praktiken, welche die Neuzeit ausbildete, waren die unbeschränkte
Unternehmerfreiheit des Individuums oder aber die Sicherung des Individuums
mithilfe einer zentralistischen Wirtschaftsorganisation: Kapitalismus, Sozialismus.
In Griechenland ist das
neuzeitliche Paradigma eklatant gescheitert, denn wir haben es nicht um unserer
pragmatischen Notwendigkeiten willen gewählt, sondern einfach aus Wichtigtuerei
wollten „wir auch Europäer werden“. Diese Wahl war das Ergebnis des sogenannten
Neohellenismus, der uns suggeriert hat, wir müßten an der Dynamik der
Geschichte teilhaben.
Unsere Situation war jedoch
grundlegend anders als im Westen: wir kannten kein Mittelalter; als die
barbarischen Völker die römische Herrschaft auflösten und den Westen in den
Primitivismus stürzten, fand sich die griechisch-römische „Ökumene“ auf dem
Gipfel ihrer kulturellen Errungenschaften. Die metaphysische Suche (Forschung)
führte zu hervorragenden Ergebnissen in Politik, Kunst, Philosophie. Die
„Volkskirche“, die „Kirche der Gläubigen“ gab das Griechentum nicht auf
zugunsten einer individualistischen „Religion“. Deshalb hat das „Schisma“ die
griechische Welt kaiser(schnitt)lich vom barbarischen Westen getrennt.
All dies ist vergessen. Wir
nennen uns zwar noch Griechen, haben jedoch den griechischen tropos (modus
vivendi, modus operandi ....) aufgegeben, um eine „Kultur“
nachzuäffen, die unseren Notwendigkeiten nicht entspricht. Wir bringen nicht
einmal ein bißchen protestantische Ethik auf, um den Primitivismus unserer
gegenwärtigen Anführer zu zähmen ...
Walter Seitter
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