τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 1. Juli 2018

In der Metaphysik lesen (BUCH VII (Z), 1039a 24 – 1039b 19)

Wolfgang Koch macht darauf aufmerksam, dass der oben verwendete Begriff des Synonyms unscharf gefasst ist und dass da eigentlich Differenzierungen nötig wären.

Hier geht es allerdings darum, dass Aristoteles in seiner Sprachverwendung faktische Synonyme einsetzt, welche auf den Primärbegriff ousia Lichter werfen.

Bleiben wir bei 1035b 14ff. und greifen die beiden Synonyme eidos und to ti en einai heraus, so können wir feststellen, dass das to ti en einai, obwohl eine sehr künstliche aristotelische Wortbildung, der ousia semantisch näher steht als eidos, welches noch dazu auch andere Bedeutungen hat. So würden sich alle Synonyme nach dem Grad ihrer synonymischen Nähe bestimmen lassen.

Sehr deutlich hat Aristoteles klargestellt, dass das Allgemeine kein Synonym zu ousia ist.

In Abschnitt 14 geht es Aristoteles darum, die platonische idea von seinem eigenen Wesensbegriff abzugrenzen. Dabei schleicht sich ein möglicher Verwirrungspunkt ein, sofern idea und eidos von Haus aus als sehr nahe Synonyme erscheinen und wenn sie beide platonisch gemeint sind, sind sie eben „platonische“ Synonyme.

Zu solchen werden sie, wenn sie als Begriffe mit selbständiger Existenz ausgestattet werden. Etwa der Begriff „Mensch“, der dann auch dem Gattungsbegriff „Lebewesen“ selbständige Existenz verschafft und ebenso auch zusätzlichen Bestimmungen wie „zweifüßig“, „vielfüßig“ und „befußt“. Die platonische These führe bei unterschiedlichen Annahmen über Einheit oder Verschiedenheit  des „Lebewesens“ (also der Gattung) zu einer endlosen Vermehrung  selbständiger Begriffsexistenzen, sogar zum Zerfall von Begriffsidentitäten und wiederum zur Häufung verschiedener Begriffsverbindungen – mit einem Wort zu eienr Reihe von Selbstwidersprüchlichkeiten.

Aristoteles’ Schlussfolgerung: es gibt keine derart selbständig existierenden „Formen“ der Sinnesdinge. Die Physik hat er als zweifache Tätigkeit bestimmt: die sinnlichen Wesen betrachten und definieren. Das heißt: die Sinnesdinge haben Wesen – aber immanente.

Jedem Ding wohnt seine Wesenheit inne. Diese Immanenz des jeweiligen Wesens setzt Aristoteles der platonischen Wesenstranszendenz entgegen, für die die „Ideenlehre“ steht. Danach ist jedes irdische Ding von einer Wesenheit abhängig, ist auf so eine Wesenheit durch Teilhabe oder Nachbildung bezogen – und zwar eine Wesenheit, die „extra“ existiert, anders existiert als das irdische Ding.

Nach Aristoteles existieren die irdischen Dinge – ob Lebewesen oder Kunstwerke, wenn sie einmal entstanden sind, relativ selbständig und unabhängig von ihren Wirkursachen (Urhebern). Wesensimmanenz.

Diese Unabhängigkeit schließt nicht aus, dass die Dinge über bestimmte Akzidenzien wie Relation, Erzeugen oder Erleiden, Haben mit anderen Dingen zusammenhängen, miteinander größere Einheiten, etwa Haus oder Stadt, bilden.

Übrigens fallen die oft genannten „Lebewesen“ als Einzelwesen auch unter den Begriff „Sinnesdinge“: alle Pflanzen und Tiere sind sichtbar, hörbar und so weiter (wenn auch nicht immer für alle).

Walter Seitter

Sitzung vom 27. Juni 2018




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