τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 17. Februar 2019

In der Metaphysik lesen (BUCH VIII (H), 1045b 27 – 1046a 18)

Im zuletzt gelesenen Abschnitt hat Aristoteles vier unterschiedliche Definitionen angeführt, die alle mit Zusammensein, Verbindung oder Zusammenstellung operiert haben. Aristoteles hat diese Definitionen nicht abgelehnt, sondern erklärt, worauf sie zurückzuführen sind – nämlich auf Einung und Unterscheidung von Vermögen und Vollendung sowie von Stoff und Form, deren Zusammensetzung ja das Wesen konstituiert. Diese Konstituierung macht jedes Wesen zu einem einen, aber eben zu einem zusammengesetzten, wofür wiederum der Übergang vom Vermögen zur Vollendung ursächlich ist. Meine Hypothese ist, dass mit der Zusammensetzung Akzidenzielles ins Innere des Wesens Einzug hält – entweder das Akzidens der Relation oder aber Akzidenzialität überhaupt, die griechisch Symbebekotita (?) – Zusammengekommensein - heißt; und den Übergang nennt Aristoteles selber eine Bewegung (die eine Kombination aus mehreren Akzidenzien ist) (1045b 25). Also meine Hypothese: der aristotelische Substanzialismus ist zuinnerst von Akzidenzien affiziert. Die Einheit der Substanzen ist keine reine. Dazu kommen natürlich noch die Akzidenzien, die den Substanzen äußerlich anhängen.

Anfang von Buch IX

Erinnerung an das früher Gesagte über die Ordnung der Kategorien mit dem Primat des Wesens über die Akzidenzien. Aber jetzt werden den Kategorien weitere Aussageformen offiziell hinzugefügt – die bereits ins Spiel gebrachten Vermögen und Vollendung. Es scheint ungewiss, dass sie in eine Reihe mit den Kategorien zu stellen sind, eher bilden sie eine eigene Ebene und können mit allen Kategorien kombiniert oder konfiguriert werden (etwa mit dem Wesen, wie wir schon gesehen haben).

Zunächst bespricht Aristoteles das Vermögen (oder auch verbal „vermögen“, „können“) in unterschiedlichen Kombinationen mit den beiden Seinsmodalitäten wirken und leiden (affiziert werden) und mit der Veränderung. Vermögen zu einer Veränderung in einem anderen; Vermögen des Affiziertwerdens als ein im Affizierten selbst enthaltenes Prinzip der affektiven Veränderung durch ein anderes; Zustand einer Unaffizierbarkeit (Apathie!) zu einem Schlechteren oder zu einer Zerstörung; Vermögen zum Nur-Bewirken oder zum Nur-Affiziertwerden oder zum Richtig-Bewirken oder zum Richtig-Affiziertwerden.
Hier werden diverse Möglichkeiten aktiver und passiver, erwünschter oder weniger erwünschter Dispositionen unter dem Gesichtspunkt des „subjektiven“ Könnens durchdekliniert – wobei die „Subjekte“ nicht unbedingt Menschen sein müssen. Dynamis heißt Kraft, Fähigkeit – Fähigkeiten werden auch dort unterstellt, wo es nur ums Passivsein geht oder aber ums Nicht-Passivsein. „Man“ hat eben diese oder jene Fähigkeit und „man“, das kann auch ein Stück Holz sein – das kann brennen. Andere können das nicht.

Ein latenter Animismus? Jedenfalls ein multipler Dramatizismus.

Walter Seitter

Seminarsitzung vom 13. Februar 2019
Nächste Sitzung am 20. Februar 2019

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