τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ φάναι μόνον καὶ νοεῖν.

Das Wahrnehmen also ist ähnlich dem bloßen Aussagen und dem vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 1. Juni 2025

De Anima / Peri psyches lesen – 22 ( 417a, 22 – 418a, 6)

 Aristoteles – Lektüre 22


Mittwoch, den 21. Mai 2025


Der hier behandelte Abschnitt betrifft die weitgehend die zweite Hälfte des 5.Kapitels des 2.Buches. Zu Beginn macht Aristoteles die programmatische Ansage, das er über die Wahrnehmung insgesamt sprechen werde und er läßt eine Reihe von Bestimmungen folgen, dass Wahrnehmen im Bewegtwerden und Erleiden stattfindet, dass es eine Art qualitative Veränderung zu sein scheint.

Eine Aporie scheint für Aristoteles zu sein, dass keine Wahrnehmung der Wahrnehmungen zustande kommt, dass es für das Wahrnehmen ein Außending geben muss.

Zusätzlich sprechen wir über das Wahrnehmen in zweifacher Weise, einmal dem Vermögen nach, wie auch der Wirklichkeit nach. Zwar ist die Bewegung selbst eine unvollkommene Wirklichkeit und zugleich wird alles bewegt von dem der Wirklichkeit nach Seienden. Diese schwierige Verhältnis von Wirklichkeit und Bewegung wird hier nicht aufgelöst, vielmehr wendet sich sich Aristoteles einer weiteren Differenzierung zu, der zwischen Vermögen und Vollendung.

Es werden zuerst zwei Arten des Vermögens vorgestellt in Bezug auf das Wissen, so wird ein Mensch wissend genannt weil er einerseits zu den wissenden Lebewesen gehört oder schon im Besitz des Schriftwissens ist (grammatikén). Der zweitere ist insofern mehr vermögend, dass er betrachten (theoreìn) kann, wenn ihn nichts Äußeres hindert. Der schon der Vollendung nach betrachtend ist, der weiß im eigentlichen Sinn dieses bestimmte A (kyríos èpistamenos óde to A). Die Ersteren sind zwar dem Vermögen nach Wissende, aber sie müssen sich durch Lernen verändern, um aus einen entgegengesetzten Zustand in die Vollendung umzuschlagen (metabalon) oder beginnen das Schriftwissen auch auszuüben, um in das Wirklich-Sein des Wissen zu gelangen.

Auch das Erleiden dieser Veränderung ist nicht ein Einfaches, einerseits ist es eine Zerstörung (Phtora) durch das Entgegengesetzte, Nicht-Wissen wird durch Wissen zerstört, andererseits wird das dem Vermögen nach Seiende durch die Vollendung bewahrt. Die Veränderung selbst wird zum Maßstab, wie das Vermögen zur Vollendung gesetzt ist. Der Denkende verändert sich nicht, wenn er denkt, seine Denken braucht keinen Unterricht, wenn er das dem Vermögen Seiende zur Vollendung überführt, genauso wie der Hausbauer, wenn er ein Haus baut. Wer als dem Vermögen nach seiender lernt, von dem soll nicht gesagt werden dass er etwas erleidet, obwohl es zwei Arten der Veränderung gibt, die des Umschlagens in die privativen Zustände, wie schon oben erwähnt, nämlich zum Haben und der Natur.

Der erste metabolèn betrifft das Wahrnehmungsvermögen, das dem Betrachten gleich ausgesagt wird, aber verschieden ist. Die Wirklichkeit des Wahrnehmens braucht einen sichtbaren oder hörbaren Gegenstand. Das Wahrnehmen bezieht sich auf Einzeldinge, während das Wissen sich auf Allgemeines bezieht, das in gewisser Weise sich in der Seele befindet. Deswegen kann man immer denken, wenn man will, wahrnehmen ist nur möglich, wenn ein wahrnehmbarer Gegenstand vorliegt. Auch die Wissenschaften von den wahrnehmbaren Gegenständen müssen diese Zugehörigkeit zu den Außen- und Einzeldingen berücksichtigen.

Das dem Vermögen nach Ausgesagte ist nichts Einfaches, sondern bezieht ein Erleiden oder Veränderung mit ein, damit der Wahrnehmungsgegenstand der Vollendung nach erreicht wird.

So verstehe ich den letzten Satz des Kapitels: Also erleidet es, während es nicht gleich ist, nachdem es aber gelitten hat, ist es es angeglichen und wie jenes.

Also aus dem Knaben ist nach der erlittenen Ausbildung ein Feldherr geworden.


Karl Bruckschwaiger


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