τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Donnerstag, 6. Juni 2013

In der Metaphysik lesen (999b 17 – 1000a 4)


Nehmen wir an, das Einzelding werde durch zwei Prinzipien gebildet: die Form (morphe, eidos oder ousia) und den Stoff (hyle). In welchem Verhältnis stehen die zum Einzelding? Sind sie daneben, dabei oder darin? Aristoteles verwendet die  Präpositionen „neben“ und „bei“; das „darin“ scheint er zu implizieren, wenn er sagt, das Einzelding oder das Gesamtding „ist diese beiden“ (999b 24). Allerdings erscheinen die Ausführungen in diesem Abschnitt keineswegs klar. Vielleicht deswegen, weil wir uns mitten in den Aporien befinden.

In der neunten  Aporie geht es um die Anzahl der Prinzipien. Sind sie eines – so entweder der Art nach oder der Zahl nach. Beide Annahmen widersprechen dem, was wir von Aristoteles wissen. Ein einziges Prinzip der Zahl nach: das würde heißen: ein strikter Ursach-Monismus etwa so wie das Wasser für Thales oder ein einziger Schöpfergott wie im Alten Testament. Aber Aristoteles diskutiert diese Frage gar nicht so grob-weltanschaulich. Sondern er formalisiert sie zu erkenntnistheoretischen und logischen Widersprüchen und als konkretes Beispiel nimmt er nun anscheinend das, was er gerade schreibt, nämlich diese oder jene Silbe, die aus Buchstaben besteht.

Es sieht so aus, als würde Aristoteles Streitfragen, die bekannt sind, sozusagen als Schulbeispiele vorführen und im Schnellverfahren abhandeln. Von einem wirklichen Durcharbeiten dieser Streitfragen, das er am Anfang des Kapitels postuliert hat, merkt man wenig.

Walter Seitter


 

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