τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Dienstag, 31. Januar 2023

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 23 (71vH - 72rA) Seite 172, Z 116 bis Seite 176, Z 18 bei Burnett.

Mittwoch, den 25. Jänner 2023

 

Zuerst wurde von Walter Seitter und Sophia Panteliadou über den Vortrag von Elisabeth von Samsonow mit dem Titel „Geopsychiatrie“ gesprochen und das darin vorgestellte Modell der Subjektivität von Felix Guattari, wo ich mich momentan nur an die ersten zwei Funktoren erinnern kann - Phylum und Territorium. Das Territorium übernimmt darin, zumindest für Samsonow, eine mütterliche Funktion und entlastet damit die reale Mutter. Der genauen Beziehung zu einer mit großem T angeschriebenen Terra kann ich nicht vor Ort nachgehen, da ich kein Buch von Guattari besitze und bisher nichts von diesem Autor gelesen habe.

Über den Wert der verlangsamenden Lektüre der Metaphysik von Aristoteles durch den Umweg über Beschäftigung mit Hermann de Carinthia ist schon an einigen Stellen gesprochen worden, aber am Begriff des Ortes wollte ich es noch einmal darstellen, wie der Ort zum Bestimmenden der Substanz bei dem Neuplatoniker Simpliakos anwächst, um später wieder zum Akzidentiellen herabgestuft zu werden, um eine gewollte Vorstellung des Himmels bei Hermann einrichten zu können.

 

Im Protokoll lese ich Hermanns Zuweisung der Nationen zu Planeten oder Sternbildern vor und habe mich gar nicht verwundert, das die darin vorgestellte „Herrschaft der Planeten oder Sterne“ (stellarum dominiis) mit dem christlichen Glauben oder wenigstens mit dem Alten Testament der Bibel schwer vereinbar war. Daran wurde ich wieder von Remi Brague erinnert, der an die Zurückweisung des Sternenkultes im 5. Buch Moses erinnert. Tatsächlich wird in Deuteronomium 17,2-7 nicht nur die Verehrung von Sonne, Mond und dem ganzen Himmelsheer, also der Sterne, als Gräuel bezeichnet, sondern auch die Steinigung angeordnet. Zwar nach einer Ermittlung und einer Feststellung des Tatbestandes und einer Vorführung vor dem Stadttor, was ein städtisches Gericht war, so verrechtlicht war dieses Verbot schon, daher wird es auch von der Kultreform des König Joschija von 622 v. Chr. herkommen.

 

Hermann fährt in seinem Text fort mit den Einteilungen des vergänglich Gezeugten, der occidua genitura, also der weltlichen Nachkommenschaft, und ruft sich dabei selbst zur Arbeit auf, die er aber mit der gleichen Strenge und Kürzung erledigt haben will, wie es Aristoteles nicht in drei Büchern erklären kann. Die erste Unterscheidung betrifft belebt und unbelebt, wobei sich bei den drei Gattungen Lebewesen, Pflanzen und Mineralien nur die Mineralien als unbelebt finden lassen. Dabei wurde schon die Qualität wahrnehmungsfähig oder empfindend (sensibile) eingeführt, die wiederum die Pflanzen von den Tieren trennt. Mit der Einführung der Seele wird das Mineral hinter sich gelassen und eine neue Dreiheit eingeführt, die sich um den Menschen als eigene Gattung erweitert. Es kommt dabei immer eine Unterscheidung hinzu, um die neue Gattung zu bestimmen, belebt sein – Pflanze, belebt sein und fühlen – Tier, belebt sein, fühlen und unterscheiden – der Mensch wird nicht genannt. Die dritte Gattung ist aber mächtiger als die anderen, denn sie regelt, teilt ein und stellt zusammen und besteht aus sechs Dingen: lebend, atmend, fühlend, unterscheidend, erinnernd und verstehend.

Hermann beruft sich bei der Entstehung der Seele auf Platon, dass sie sich nicht aus fremden Material entwickelt hätte oder aus widersprüchlichen Verbindungen, sondern sie kommt aus dem All-Beinhaltenden, den pantocle, heraus, wird geboren und vergeht nicht mehr. Platons Phaidon wird direkt zitiert mit „die Seele ist eine unkörperliche Substanz, die den Körper bewegt“  und Aristoteles mit De Anima „die Seele ist die Vollkommenheit des natürlichen, ausgerüsteten Körpers, der die Möglichkeit zum Leben hat.“ Das Unkörperliche gefällt Hermann bei Platon, während er sich der Vollkommenheit bei Aristoteles nicht verschließen kann, und auch dass die Seele die Möglichkeit des Lebens mit sich bringt, indem sie dem Leben zur Wirklichkeit verhilft.

Die nächste Unterscheidung, die Hermann einführt, ist zwischen einem rationalen Teil und einem irrationalen Teil des Tieres oder Lebewesens. Walter hält das rationale für wichtiger als das discernens, das Unterscheidende, und umfassender.

Jetzt erscheinen zwei Prinzipien der Dinge als auch Körper, und zum ersten Mal so etwas wie eine Definition von Substanz und Essenz. Dabei ist die Substanz das einfache Sein eines Dinges, während die Essenz die Unterschiede sind, die diese Einfachheit in vielerlei Hinsicht prägen ...

 

Das ist doch ein passender Cliffhanger, der Geschmack auf die Fortsetzung machen soll.

 

Karl Bruckschwaiger

 

Nächste Sitzung: 1.Februar 2023

Aristoteles, Metaphysik, Buch XIII, ab 1084b,2

Freitag, 20. Januar 2023

Unlesbarkeit – Knotenpunkte - Parallellektüren

 Protokoll vom 18. Jänner 2022

 

Die Lesung des Protokolls vom 21. Dezember 2022 beschäftigt uns intensiv, da eine Reihe von Verständnisschwierigkeiten und Vergeßlichkeiten auftauchte, die ein Weiterkommen verzögert.

Im Grunde genommen bestätigen sie die Ansicht, die Metaphysik sei ein sehr berühmtes und sehr wenig gelesenes Buch.

Unlesbar, weil schlecht überliefert bzw. vom Autor offensichtlich nicht fertiggestellt, nicht schlußredigiert. 

 

Die Einteilung in „Bücher“ entspricht zwar der antikischen lockeren Fügung, aber ihre Anordnung, das Fragmentarische von Buch II, das Fehlen jeder Gesamtübersicht, die mangelnde Charakterisierung der Bücher III und V (Listen) – all das zeigt an, daß der Text nicht die Fassung bekommen hat, die man von anderen aristotelischen Büchern kennt. 

Meine Frage, ob man sagen kann, „jede Sache ist auch eine Ursache“, enthält zwar eine sehr ungewöhnliche Formulierung, vielleicht eine ganz neuartige, aber sie ist durch und durch verständlich, egal, ob man sie auf Aristoteles einschränkt oder auf den common sense ausweitet. Sie wirft auf die beiden sehr bekannten Wörter einen neuen Blick, man schaut sie neu an. Man lernt dabei Deutsch; mit dem Philosophieren lernt man auch Deutsch.

Wenn man nicht in der Lage ist, solche Fragen an die Aristoteles-Lektüre anzuschließen, kann man die Lektüre auch bleiben lassen – denn Begriffe wie „Sache“ und „Ursache“ gehören nun einmal - entweder direkt oder indirekt - zum aristotelischen Denken.

Die Frage läßt sich positiv beantworten, wenn man die akzidenziellen Kategorien der Relation oder des Machens auf die Kategorie des Wesens bezieht. 

 

Ich habe diese Frage vor langer Zeit schon einmal mit Karl Bruckschwaiger angeschnitten, indem ich ihn fragte, ob er sich selber als eine Ursache betrachte, was er dann doch nicht von sich wies. Dabei handelt es sich um einen sachlichen Lernvorgang, weil das Wort „Ursache“, üblicherweise auf die sog. objektive Welt angewandt, nun so eingesetzt wird, daß man sich selber nicht vergißt. Die Selbstvergessenheit, die manchmal moralisch empfohlen wird – ein verheerender Mißbrauch der Moral –, hat häufig auch zur Folge, daß man den Begriff „Wesen“ überall zur Anwendung bringt, nur nicht dort, wo er zunächst am Platz ist. Die Folge ist, daß man dann vielleicht ein Wissen von Psychoanalyse braucht, um – eventuell - auch auf sich selber aufmerksam zu werden.

 

 

Übrigens hat Sophia Panteliadou eine ähnliche Angelegenheit in der griechischen Sprache bemerkt: beim Wort aition, wo es sich vielleicht mehr um einen Zufall handelt. 

 

Knotenpunkte im Text sind Stellen, die längere Linien, Frage- oder Such- oder Beziehungslinien einschreiben, einzeichnen, gravieren, graphieren, die zu anderen Stellen hinführen und einen größeren Zusammenhang signifizieren.

 

Schon der allererste Satz der Metaphysik vom Streben aller Menschen nach Wissen ist so ein Knotenpunkt. Aber wohin führt er, zu welchem Wissen? Schon am Ende von Kap. 1 wird dieses Wissen als göttliches benannt.

Aber der erste Satz führt noch woanders hin, nämlich zum Leser, der sich fragen soll, ob er so einer ist, der nach Wissen strebt. Bejaht er die Frage, so wird sein Lesen ein Streben und Suchen. Es wird existenziell. Wenn nicht, bleibt das Lesen sinnlos und unmöglich.

Allerdings wird der rasche Abschluß dieser Linie vom Autor nicht ganz ernstgenommen. Da fehlt ihm der Such-Charakter, den er dieser Wissenschaft zugesprochen hat.

 

Die Suchlinie muß länger sein, daher werden die Vorläufer der Suche genannt, charakterisiert und kritisiert. Die Suche wird historisiert und „dialektisiert“. Die Suche ist auch in Richtung Zukunft zu verlängern - bis zu uns her.

 

Es soll aber auch eine andere Dimension eingezogen werden, eine sachliche Verbreiterung - sowohl mit bestimmten Realitätsbereichen wie auch mit den Seinsmodalitäten, die von der Logik herrühren.

So wird das Buch ziemlich umfangreich und wenig übersichtlich. Kaum lesbar. Ein Labyrinth.

 

Ein weiterer Knotenpunkt ist die Stelle in Buch XI 1064a 29 – 1064b 1, wo vier Wissenschaften zusammengerückt werden. Wie verhalten sich die zueinander?

 

Die aristotelische Metaphysik ist kein genialer Wurf, sondern eine mühselige Zusammenstückelung aus verschiedenen Stücken. Dennoch ein Gedankengang, ein schrittweise vorankommender, ein nicht abgeschlossener, ein nicht perfekt formulierter Text.

In dem dennoch eine Aussage (logos) gesehen werden kann. Keine erzählende (wie etwa in Ilias oder Odyssee) sondern eine theoretische (wie etwa eine Definition) – aber eine viel umfangreichere, die zahlreiche Bestandteile der Welt benennt, aufzählt, charakterisiert und unterscheidet, ihr Zusammenwirken erklärt, auch die bisher vorliegenden Erkenntnisversuche anführt und bewertet. Zu den Realitätselementen gehören auch solche, die nur als Denkgehalte oder -formen gelten, aber dennoch auch real Existierendes bestimmen.

 

Diese Gesamtschau versucht allerdings nicht, sämtliche Bestandteile der Realität zu erfassen – die in anderen Büchern bereits abgehandelt sind, sondern sie läßt sich von der Frage leiten, ob die Gesamtheit der Realität außer den vielen mehr oder weniger bekannten Ursachen noch andere Ursachen enthält, die den Menschen weniger bekannt sind oder über die Mythen, Geschichten von Wunderbarem, im Umlauf sind.

 

 

Da im Buch XII auch das Gute und das Schöne als Ursachen genannt werden, sollten auch die poietischen und die praktischen Wissenschaften in die Überlegungen einbezogen werden. Das Praktische habe ich oben das Existenzielle genannt. Und das Poietische ist wichtig, weil die Suche, auch unsere lesende Suche sprachlich dargestellt werden soll und zwar möglichst gut.

Die Rede von der „gesuchten Wissenschaft“ (983a 21) ist ein wichtiger Knotenpunkt, weil sie den Text nach vorne treibt – und zwar nachdem mit dem göttlichen Wissen die Lösung bereits gefunden zu sein schien.

 

Die Metaphysik kombiniert hauptsächlich eine sehr umfangreiche, aber wenig reflektierte Ausbreitung der Ontologie mit einem relativ zügig vorgetragenen Aufweis einer Ursache, die die sonstigen Ursachen ergänzt und die ziemlich genau beschrieben wird. Ihre begriffliche Beschreibung ist eindrucksvoll komponiert, ich nenne sie „komposit“. Aber einen nachvollziehbaren Sinn sehe ich am ehesten dann, wenn ich der Deutung folge, die Eric Voegelin 1966 in seiner platonisch benannten Textzusammenstellung vorgelegt hat.

 

Mit Streben und Suchen, Bewegt-Werden, kognitivem und volitivem Tätig-Werden, in Form von philosophierender und sorgender Aktivität, verlagert er das Verständnis der sogenannten Metaphysik auf den menschlichen Pol, dem allerdings ein andersartiger Pol gegenübersteht – den er als transzendenten Grund bezeichnet. Mit „Spannung zum Grund“ resümiert er sein Verständnis - für das er den Sachtitel „Metaphysik“ ablehnt (wie ich).[1]

 

 

Die Heranziehung des Textes von Hermann von Kärnten De essentiis bewährt sich in mehreren hier erwähnten Hinsichten: etwa insofern, als damit der herkömmliche Philosophie-Kult gebrochen wird. 

 

Andere parallel gelesene Texte:

 

Francis Ponge: Die Sonne. Eine physikalische „Metaphysik“.

Michel Serres: Lukrez. Wissenschaftshistorische Lektüre einer anderen antiken Physik. (Der Berliner Philosoph Klaus Heinrich hat ebenfalls Lukrez-Vorlesungen gehalten: der Göttin Venus sei es zu verdanken, daß die Atome sich zu stabilen, verlässlichen Verbindungen zusammenschließen. Foedera naturae. Damit setzt Lukrez eine namhafte Göttin an die Stelle des aristotelischen UB.)

 

Aristoteles: Physik. Unmittelbarer literarischer Vorgänger der Metaphysik.

 

Das Entscheidende für die Metaphysik-Lektüre besteht darin, daß man Linien findet, die durchs Werk durchgehen. Mögen sie auch gebrochen sein und vielleicht kein geschlossenes Ganzes zeichnen.

 

Walter Seitter




[1] Siehe  Eric Voegelin: Anamnesis. Zur Theorie der Geschichte und Politik (München 1966)

Dienstag, 17. Januar 2023

  In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 22 (70vC - 71vH) Seite 166, Z 120 bis Seite 172, Z 16 bei Burnett

Mittwoch, den 11. Jänner 2023

 

Zuerst zeigte ich Walter Seitter das Buch von Remi Brague – Die Weisheit der Welt, von dem ich mir einige Anregung zur Beurteilung und Einschätzung der kosmographischen Arbeit von Hermann erwarte, allerdings nichts was die Lektüre, das Übersetzen und Protokollieren ersetzen kann, aber doch bereichern.

So wird von Brague ein längeres Zitat von Simplicius gebracht, das sehr deutliche Parallelen mit dem kosmographischen Projekt von Hermann aufweist. Simplicius oder Simplikios von Kilikien (480–560 n.Chr.), ein neuplatonischer Philosoph, verfasste unter anderem Kommentare zu Werken von Aristoteles, den Kategorien, der Physik und der Abhandlung Über den Himmel und was hier besonders interessiert, zwei Exkurse über die Zeit und über den Ort. Das Zitat von Simplikios:

„Die Aufgabe der Betrachtung der Natur (theōria physikē) besteht darin, das Wesen des Himmels und der Sterne, die Macht und Beschaffenheit der Erzeugung und des Verfalls zu untersuchen, und, beim Zeus, sie ist in der Lage, Beweise der Größe, der Form und der Ordnung der Dinge zu erbringen. Was die Astronomie (astrologia) betrifft, so macht sie sich nicht zur Aufgabe, von dergleichen zu sprechen, aber sie zeigt die Ordnung (taxis) der himmlischen Dinge, nachdem sie bewiesen hat (apophēnasa), dass der Himmel (ouranos) tatsächlich eine Welt (kosmos) ist; sie spricht von den Formen, der Größe, den Entfernungen der Erde in Bezug auf die Sonne, den Mond, zu den Eklipsen und den Konjunktionen der Sterne, über Menge und Beschaffenheit, die auf ihren Umläufen sichtbar werden.“

Das umreißt das Projekt von Hermann schon einigermaßen, wenn man Zeus weglässt und eine christliche Schöpfungsgeschichte an den Anfang stellt. Da Simplicius von den Arabern viel übersetzt, rezipiert und kommentiert wurde, vor allem die Kommentare zu Aristoteles, das Zitat stammt aus dem Kommentar zur Physik, ist eine zumindest indirekte Kenntnis durch Hermann doch wahrscheinlich. Diese Kommentare waren extrem ausführlich und sind laut deutschem Wikipedia-Eintrag, der auch ungewöhnlich ausführlich ist, einer der wichtigsten Quellen der antiken Philosophiegeschichte. Die Ausführlichkeit hatte anscheinend selbst historische Gründe. „Die Ausführlichkeit und Detailfülle seiner Werke ist vor dem Hintergrund der damaligen Verhältnisse zu sehen: Angesichts der Gefährdung der paganen Bildungsgüter durch militante christliche Kreise, die sich in der zwangsweisen Schließung der Athener Philosophenschule zeigte, versuchte er den Ertrag der jahrhundertelangen Bemühungen der Philosophen durch eine gründliche Darstellung für die Zukunft zu retten.“ (aus Wikipedia zu Simplicius)

Hermann folgt Simplikios nicht in der Korrektur des aristotelischen Ortsbegriffes, die darin bestand, den Ort selbst zu einer ousia, aus ihm eine aktive Substanz zu machen, die den Körpern ihren Platz zuweist und damit als ordnende Struktur des Kosmos auftritt, sondern er bleibt bei der aristotelischen Sicht, das das Weltall keinen Ort hat, dass es selbst nicht umgrenzt ist.

Während die Kreisbewegung des Himmels noch ein Argument für einen Ort des Weltalls war, ist die Kreisbewegung bei Simplikios wie bei Hermann der Grund, die Zeit als Ewigkeit zu verstehen, aus der die vergängliche Zeit heraustritt, ohne dass es zu einer Teilung der Ewigkeit kommt. Die Teilung der Zeit selbst als eine Aporie zu diskutieren umgeht Hermann, sondern begnügt sich mit der Bemerkung, dass die durch Verschiedenheiten erzeugte Zeit in eigene Kreisläufe gebracht wird.

 

Der vorgelesene Teil der Übersetzung beginnt mit einer Zuordnung der Planeten zu einzelnen Nationen, wobei es sich immer um drei handelt, die Araber, die Juden und die Römer. Es beginnt mit den schlechten Eigenschaften von Venus und Mars, die sich allesamt bei den Arabern, aber besonders bei ihrem Propheten Mohammed finden. Die Juden werden mit einer Reihe wenig erfreulicher Attribute bedacht, aber nur mit einem Satz über den Einfluss des Saturn. Bei den Römern finden sich die edlen Eigenschaften der Sonne und des Jupiter wie Ehre Frieden Gerechtigkeit und Menschlichkeit. Obwohl Hermann zugesteht, das trotz des Vorteils der Römer die göttliche Offenbarung unter den Juden auftrat. Aber um diesen Mangel auszugleichen, schildert Hermann eine ausführliche Himmelserscheinung, wo dem Augustus Caesar die Geburt Christi angezeigt worden sei.

Danach leitet er als Erinnerung und Bestätigung den heiligen Tag bei den Nationen von den jeweiligen Planeten ab, bei der arabischen Nation den Tag der Venus, der Freitag, bei den Juden nach dem Wort Sabdai für Saturn, der Sabbat oder Samstag, bei den Christen der Tag der Sonne, der Sonntag.

Aus der Zuweisung der Nationen zu den Tierkreiszeichen leitet Hermann Religionen und verehrte Tiere ab. Bei den Ägyptern teils der Widder, teils der Stier, woraus das Verbot der Schlachtung der Rinder herkommen soll, und der Mensch der hinter dem Rind hergeht eben vorschlägt sich selbst zu verehren. Bei dem Tier der Römer, dem Adler, kommt Hermann auf die Vergöttlichung eines menschlichen Helden namens Jupiter und die Übertragung seines Namens auf einen Planeten. Dazu werden Cicero und Varro als Autoritäten aufgerufen, dass dies Namen von Männern waren, die als Götter der Nationen auf die Elemente der Welt übertragen wurden. So wird doch der menschliche Ursprung der heidnischen Götter postuliert, was eigentlich ein gefährliches Unternehmen ist, wenn es einmal auch den christlichen Gott trifft.

Auch die Abfolge der Weltreiche wird auf die Wanderung der Tierkreiszeichen, wenn auch etwas lückenhaft, bezogen, von Babylonien über Persien nach Griechenland. Mit Griechenland eng verbunden ist Rom, dessen Herrschaft nicht mehr partikular ist, sondern die ganze Welt in Besitz nimmt. Diese Welt ist schon ziemlich groß geworden, wie es einem weitgereisten Mann wie Hermann entspricht.

 

Karl Bruckschwaiger

 

Nächte Sitzung: 18. Jänner 2023

Aristoteles, Metaphysik, Buch XIII, ab 1084b,2