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τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.
Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.
Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)
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Sonntag, 25. November 2018
In der Metaphysik lesen (BUCH VIII (H), 1042b 9 – 1043a 2)
Montag, 19. November 2018
In der Metaphysik lesen (BUCH VIII (H), 1042a 3 – 1042b 9)
Der zuletzt gelesene
Abschnitt steht in meiner Textausgabe unter der Überschrift „Wesen ist Form“,
der heute gelesene unter der anscheinend genau entgegengesetzten „Der Stoff als
Wesen“.
Zunächst die
Feststellung, dass die natürlichen Wesen, gemeint sind die unterschiedlichen
Gattungen von Körpern, von allen angenommen werden: nämlich dass es sie
gibt und dass sie den Status von Wesen haben. Andere wie die mathematischen
Dinge seien strittig. Aristoteles resümiert hier frühere Ausführungen mit
anscheinend unvereinbaren Aussagen wie, „dass die Gattung in höherem Grade
Wesen ist als die Arten“ und „dass weder das Allgemeine noch die Gattung Wesen
ist“.
Die eben genannten
natürlichen Wesen sind sinnlich erfassbar und ebenso verfügen sie über Stoff.
Aber der Stoff wird in einer Weise erklärt, die nicht an Stofflichkeit etwa der
vier Elemente denken lässt, sondern eher mit Logik zu tun hat. Er wird mit
Substrat gleichgesetzt und dieses wiederum mit Möglichkeit, die der
Wirklichkeit vorausliegt, mit dem Vermögen, das von der Aktualisierung
vorausgesetzt wird, die wiederum als Entstehen und Vergehen stattfindet.
Alle Veränderungen sind
Übergänge von einer Bestimmung zu einer anderen in einem jeweiligen Parameter
etwa lokaler oder quantitativer oder qualitativer oder „wesentlicher“
(substanzieller) Art. Diese Parameter bilden das jeweilige Substrat im
angedeuteten Sinn oder den Stoff in einem logischen Sinn. Dabei geht es um
Veränderungen von Körpern, die auch im üblichen Sinn stofflich sind und die in
der Physik bereits abgehandelt worden sind.
Es werden also in diesem
Buch, das Metaphysik heißt, ontologische Voraussetzungen
der Physik noch einmal auf etwas kursorische Weise besprochen.
Und das trägt zu dem ziemlich spröden Charakter dieses Buches bei, dass es die
konkreten Phänomene meist nur flüchtig berührt.
Walter Seitter
Sitzung vom 14. November
2018
Nächste Sitzung am 21.
November 2018
Montag, 5. November 2018
Bernard Sichère, Aristoteles
Im letzten Januar habe ich auf den französischen Philosophen
Bernard Sichère hingewiesen, der eine Untersuchung zur aristotelischen
Philosophie vorgelegt hat.
Heute berichtet Gerhard Weinberger über Sichère, der vor seiner
Studie Aristote au soleil de l’être (Paris 2017) eine
Neuübersetzung der Metaphysik unternommen hat
und damit gewissermaßen zu einem „Kollegen“ unseres hiesigen
Unternehmens geworden ist, aus dem bereits die Publikation Aristoteles
betrachten und besprechen (Metaphysik I-VI), (Freiburg-München 2018)
hervorgegangen ist.
Bernard Sichère (geb. 1944), ein Philosoph aus der Althusser-,
Lacan-, Mao-Schule, bemerkte viele Jahre nach seiner Jugendzeit, dass ihm die
damalige Platon- und Aristoteles-Lektüre mit ihren an der lateinischen
Scholastik orientierten Übersetzungen wohl kein Verständnis für jene
Philosophen gebracht habe. Er lernte von Martin Heidegger, dass es notwendig
sei, sich in die griechische Sprache hineinzuarbeiten und sich von da aus den
Texten zuzuwenden. Griechische Grundbegriffe der Philosophie wie „Spezies“ oder
„wissen“ stammen direkt aus dem Wortfeld „sehen“ (eidos, eidenai).
Das in die modernen Sprachen eingegangene Wort „Theorie“ bedeutet im
Griechischen eine Grundhaltung, die vom Staunen ins Sehen und Anders-Sehen
übergeht – und keineswegs ein System von Aussagen und Beweisen. „Vita
contemplativa“ ist ein anderer – allerdings lateinischer - Ausdruck dafür.
Das, was gesehen wird, das sind einerseits plötzliche,
veränderliche, andererseits beständige und vielleicht ewige Dinge. Daraus folgt
die Unterscheidung von Physik und Metaphysik.
„Ousia“ übersetzt Sichère mit „Präsenz“, „to-ti-en-einai“ nennt
er eine barbarische Wortschöpfung; damit ist er immerhin zum Staunen darüber
gelangt, anstatt das Wort einfach zur Kenntnis zu nehmen. Auch ich
„stolpere“ über gewisse aristotelische Wortbildungen – und würde
„to-ti-en-einai“ als kunstvolles Handwerksprodukt bezeichnen (in welches das
Wort „sein“ in zwei verschiedenen Formen eingebaut ist); das einfachere „to on“
empfinde ich als ziemlich hölzern, wobei ich allerdings mehr das deutsche
„Seiende“ meine. Wie fühlt sich „to on“ im Griechischen an?
Als umfassenden Begriff setzt Sichère den Infinitiv „das Sein“ –
womit er vom aristotelischen Sprachgebrauch eher abweicht und sich in Richtung
Heidegger bewegt.
Soweit ein erster Einblick in Sichères Beschäftigung mit
Aristoteles.
Walter Seitter
Sitzung vom 31. Oktober 2018
Nächste Sitzung am 14. November 2018
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