Zu Beginn wurde noch einmal darauf eingegangen, dass Aristoteles gerade eine Art Genealogie-Untersuchung durchführt, indem er die Erkenntnisse der Früher-Philosophiert-Habenden vorstellt und überprüft. Die Beschwerlichkeit des Wortes „geistig“ in Unterscheidung zu der „biologischen“ Genealogie der „natürlichen“ Elternschaft stellte uns vor die Frage, wodurch man diese Art der Genealogie besser bezeichnen könnte. Eine Möglichkeit wäre „technologisch“ im Sinne einer artifiziellen, hergestellten Verwandtschaft. „Geistig“ stellte sich als zu vorbelastet, körperfeindlich und religiös vereinnahmt dar – und die Schwierigkeit, einen Vorgang als rein geistig aufzufassen, kam zur Sprache. Eine Lösung, die keinen weiteren Widerspruch fand, war die Idee, von „kulturellen“ Eltern oder Vorfahren zu sprechen.
Die Vorfahren, die Aristoteles aufführt, hat er inzwischen unterschieden – zuerst hat er diejenigen genannt, die philosophiert haben, nun, nach der Erwähnung von Thales, spricht er über die, die theologisiert haben und ebenfalls das Wasser als erste Ursache auffassen, aber nicht von Wasser, sondern den Gottheiten Oceanus und Thetis sprachen, die als mythisches Elternpaar als Ursache von allem angesehen würden. Und der Beleg dafür sei, daß die Götter selbst beim Styx, also einem wasserführenden (mythischen) Fluß schwörten, also bei etwas, das noch ursprünglicher ist als sie.
Man kann hier darauf hinweisen, daß es steriler ist, von Wasser als erster Ursache zu sprechen als von Oceanus und Thetis – daß also die philosophische Sprache gegenüber der mythischen ein wenig asexuell ist. Aristoteles begnügt sich damit, noch einmal festzustellen, Thales sei der Meinung gewesen, Wasser sei die erste Ursache. Hippo möchte er in dem Zusammenhang nicht erwähnt haben, um Thales nicht einer schlechten Gesellschaft auszusetzen – offenbar handelt es sich bei Hippo um einen Kollegen, der zwar derselben Auffassung über die erste Ursache wie Thales war, aber ansonsten von Aristoteles eine armselige Erkenntnisfähigkeit bescheinigt bekommt, und man kann sich wundern, welcher Hippo Aristoteles so sehr dazu aufgestachelt hat, ihn nicht nicht erwähnen zu können.
Gesche Heumann
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen