τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Mittwoch, 16. Oktober 2024

De Anima lesen/ΠΕΡΙ ΨΥΧΗΣ - 405b 31 - 406b 10

 9.Mai.2024

405b 31 - 406b 10

Zuerst die Frage, ob die Seele überhaupt oder gar wesenhaft mit Bewegung zu tun hat. Im heutigen Verständnis der beiden Begriffe ist der Zusammenhang nicht von vornherein gegeben - denn unter „Seele“ versteht man gewöhnlich die Innerlichkeit des Menschen, während man die „Bewegung“ eher für etwas Physikalisches hält. 

Wir haben schon im  1. Kapitel gesehen, daß bei Aristoteles der Begriff der Seele eine weitgespannte Bedeutung hat. Und jetzt sagt er, es gebe gegensätzliche Ansichten dazu: die Seele könnte als das Bewegende schlechthin aufgefaßt werden - oder aber sie könnte mit Bewegung gar nichts zu tun haben. 

Allerdings ist schon früher gesagt worden,  daß ein Bewegendes selber auch unbewegt sein könne - prominentes Beispiel dafür das sogenannte Unbewegte Bewegende in der Metaphysik. In Bewegung gerät etwas entweder durch ein anderes oder aus sich selbst heraus. Durch etwas anderes bewegt ist  etwas, wenn es sich in einem Bewegten befindet, wie etwa die Schiffer auf einem Schiff, dessen Bewegung eine andere als als die der Schiffer - wobei mir jetzt unklar ist, ob Aristoteles meint, die Schiffer werden einfach mit dem Schiff mitbewegt und insofern durch etwas anderes , oder ob er meint, die Schiffer, die auf dem Schiff arbeiten, vollziehen zusätzlich Bewegungen völlig anderer nämlich kleinteiliger Art.

Nun fragt Aristoteles in Bezug auf die Seele, ob die Bewegung der Seele aus ihr selbst heraus oder durch Teilnahme stattfindet.  

Dann eine  Unterscheidung von vier Arten   von Bewegung - wobei allerdings „Bewegung“ und „Veränderung“ durcheinander zu geraten drohen. Die natürlichen Bewegungen der Seele müßten im Raum stattfinden - doch im Griechischen steht topos und dieses Wort wird von den einen mit „Ort“,  von den anderen mit „Raum“ übersetzt.  Gemeint ist sicherlich nicht ein unendlicher Raum sondern eine Raumzone, von denen es viele geben muß, jeweils eine für einen Körper.   Wenn die Seele sich von Natur aus bewegt, dann hat sie einen Raum  (oder Ort?). Wenn die Seele sich irgendwohin bewegt, dann kommt sie dort zur Ruhe.  Sie kann auch durch Gewalt irgendwohin bewegt - und dort zur Ruhe gelangen. Aber wie diese Bewegungen und Stillstände aussehen, das kann man sich auch nicht mit viel Phantasie erklären. Da sie den Körper bewegt, ist es verständlich, daß sie die Bewegungen, die sie bewirkt, auch selber vollzieht.  Im Griechischen steht für „bewirkt“ und „vollzieht“, immer kinei  - das heißt bei Aristoteles kumuliert            sich die Seelenbewegung über sich selber gleichsam reflexiv. Und daraus ergibt sich, daß die Seele die Ortsveränderungen des Körpers mitmachend folglich sowohl hinein wie auch hinausgehen könne. Woraus sich ergeben könnte, "daß Lebewesen nach ihrem Tode wieder auferstehen müßten“. (406b 5)

Nach diesem doch etwas verblüffenden Satz eine weit gefaßte Analogie zwischen einer Bewegung aus sich heraus und einem Guten, das aus sich heraus gut ist. 
 
Walter Seitter





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