τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ φάναι μόνον καὶ νοεῖν.

Das Wahrnehmen also ist ähnlich dem bloßen Aussagen und dem vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

* * *

Sonntag, 17. August 2025

De Anima / Peri psyches lesen – 25 ( 419a, 23 – 420a, 9)


Mittwoch, den 2. Juli 2025


Beim Verlesen des Protokolls erinnerte ich mich an die überfliegende Lektüre von Armand Marie Lerois „die Lagune“, das Walter Seitter letztens empfohlen hatte und das ich hiermit auch tue. Es hat einen intimen Charakter eines Zwiegesprächs mit Aristoteles, Darwin, Mendel und korinthischen Schafzüchtern und Fischern vor Lesbos, wo einiges gelobt, anderes für Unsinn erachtet wird, vor allem die fehlende Vererbungslehre, ich denke Aristoteles wollte keine Züchtungsphantasien wie Platon hervorbringen, und hat daher alles auf die Elemente zurückgeführt.

Wie Aristoteles Demokrits Auffassung ablehnt, das man etwas sehen könne ohne ein Dazwischenliegendes wie die Luft, dann spürt man seine Angst vor der Leere, die kein Erleiden des Wahrnehmungsvermögen erzeugt, und damit auch kein Wahrnehmen selbst.

Wie also die Farbe das Licht braucht, um gesehen zu werden, braucht das Feuer weder Licht noch Dunkelheit, sondern macht das Durchsichtige selbst durchsichtig. Das Durchsichtige ist wohl das Dazwischenliegende, wie bei Geruch und Schall das Sinnesorgan durch etwas Dazwischenliegendes bewegt wird. Wenn man das Schallende oder Riechende direkt auf das Sinnesorgan legt wird es zu keiner Wahrnehmung kommen. Es braucht ein Medium, das angeregt werden kann, ein Dazwischenliegendes, beim Schall ist es die Luft, beim Geruch etwas noch nicht Benanntes.

Walter Seitter erinnert an das Medium des Tastsinnes, wo das Fleisch das Dazwischenliegende ist, welches im Kapitel 11 erörtert wird.

Weiteres wird das Wasser als eine Dazwischenliegendes für die Wahrnehmung angenommen, zumindest für die Lebewesen, die darin leben.

Obwohl Aristoteles zuerst gesagt hat, dass das Dazwischenliegende für den Geruch ohne Namen sei, ist er bei der Erörterung des Riechens im Wasser sicher, dass das Riechen bei den Landbewohner mit dem Atmen zu tun hat, also müsste das Riechen auch mit der Luft zu tun haben, aber die Ursache dafür wird später angegeben werden.


Jetzt soll zunächst der Schall und das Gehör bestimmt werden, das Wort ist hier akoes, also die Akustik. Aristoteles beginnt in bekannter Manier mit der Unterscheidung des Schalls der Wirklichkeit und dem Vermögen nach. Es ähnelt einer Einteilung nach medialen und materialen Ursachen des Schalls, wenn es nicht zu neumodisch formuliert wäre. Die Dinge, die vermögend sind zu erschallen, müssen fest und glatt sein, also zum Beispiel Erze, die geschlagen werden, um in dem was dazwischen liegt einen Schall zu erzeugen.

Der wirkliche Schall, energeian psophos, entsteht immer von etwas, an etwas und in etwas, und alle drei Bedingungen müssen vorhanden sein. Der Schall entsteht an etwas das geschlagen wird, und diese Etwas muss aus Erz und glatt sein, keine Wolle. Hohlkörper können die Schläge brechen und vervielfältigen, dennoch muss auch ein Schlag gegen die Luft erfolgen, aber Aristoteles geht davon aus, das die Luft nicht zerstreuen darf, sodass schnell genug geschlagen werden muss um dieser Zerstreuung zuvorzukommen. Wenn eine nicht zerstreute Luftmasse, wir nennen es gewöhnlich Welle, wieder abgestoßen wird, wie ein Ball, dann entsteht ein Echo.

Ein Echo entsteht immer, da sich der Schall wie das Licht überall bricht und reflektiert, denn sonst gäbe es nicht überall Licht.

Kaum gesagt, wird die Reflexion durch Erz oder glatte Körper als begrenzt bestimmt, sodass es zum Schattenwurf kommt. Der Schatten ist ein Fehlen von Reflexion und von Licht, also gibt es nicht überall gleich viel Licht.

Etwas überraschend kommt Aristoteles auf die Leere (kenon) zu sprechen, die für das Hören ausschlaggebend sei. Die Luft scheint leer zu sein, aber sie muss als kontinuierliche und einheitliche bewegt werden, wir sagen als wässrige Anschauung Welle dazu, Aristoteles kennt diese Formulierung nicht. Dazu braucht es glatte Oberflächen, dass eine einheitliche Luftmasse unaufgelöst zum Gehör bewegt werden kann. Das Gehör ist aber von Natur mit Luft zusammengewachsen, daher kann die äußere Luft mit Schall die innere Luft des Gehörs bewegen.

Hier scheint ein Satz der Vorgänger wirksam zu werden, nämlich das Gleiches durch Gleiches wahrgenommen wird. Jetzt stellt Aristoteles fest, das nicht jeder Körperteil das Seelenvermögen des Hören hat, weil die Luft nicht überall durchkommt.

Also nur Körperteile mit Luft haben das Seelenvermögen des Hörens, auch nur dann wenn die Luft nicht zerstreut an das Ohr gelangt. Erst diese Bewegung erzeugt dann den Schall, der gehört werden kann. In der Luft selbst ist ansonsten kein Schall.

Die Luft ist somit keine Leere, denn sie kann immerhin bewegt werden.


Karl Bruckschwaiger