Im Protokoll vom 27. Jänner
habe ich zunächst gemeint, daß die Ausführungen, die Aristoles bisher auf der
„rein ontologischen Linie“ der gesuchten Wissenschaft (Wissenschaft vom
Seienden als Seienden) gemacht hat, doch einen recht dünnen Eindruck machen,
sodaß sich die Frage stellt, sie könnten auf bloße Tautologie hinauslaufen –
sozusagen „Ontoontologie“, oder sie erschöpften sich in Analyse des
Sprachgebrauchs.
Den Artikel von Christos
Giannaris habe ich gebracht, weil er den Alternativbegriff „Metaphysik“
verwendet – und zwar in der eher populären Bedeutung, im Sinne eines Bezugs auf
„höhere“ Realitäten, die zumeist mit „religiösen“ gleichgesetzt werden. Aber
selbst diese Bedeutung erinnert an die in den Büchern I, II und III
dominierende Bestimmung der gesuchten Wissenschaft: Suche nach ersten,
herrschendsten, wissbarsten Ursachen, nach höchsten oder „letzten“ Ursachen –
also irgendwie göttlichen. Bei genauerem Zusehen lassen sich in Giannaras
Verwendung des Wortes doch einige feinere Nuancen erkennen. Was er „Metaphysik“
nennt, geht über die „Physik“ hinaus und die ist der Inbegriff des Materiellen
(vor allem Ökonomischen) wie des Historischen. Aber dann unterscheidet er
zwischen der religiösen Metaphysik des Westens, in der es um das Seelenheil des
einzelnen Individuums ging, welche in der postmortalen Gemeinschaft mit Gott
besteht, und einer „metaphysischen Suche“ (!), die sich in Politik (!), Kunst,
Philosophie und Kirche(!) realisiert.
In der einen Auffassung stehen
Mensch und Gott (zwei Substanzen) im Vordergrund, in der anderen hingegen ein tropos
im prämortalen Leben – aristotelisch gesprochen die Gesamtheit der
Akzidenzien, daher auch die Formel von der „metaphysischen Suche“, die ja die
Grundbestimmung unserer bisherigen Lektüre aufzugreifen scheint. In anderen
Texten spricht Giannaras von der „Übung der Wahrheit“, was bestimmten
Formulierungen des späten Foucault nahekommt.
Wir können daraus den Schluß
ziehen, daß wir, selbst wenn sich der Ausdruck „Metaphysik“ als zutreffend
erweisen sollte, die sozusagen existenzielle Grundbestimmung „gesuchte
Wissenschaft“ nicht aus dem Auge verlieren sollten: die gesuchte Wissenschaft
ist eine suchende.
Setzen wir also nun die –
suchende – Lektüre fort. Aus der Selbigkeit von „seiend“ und „ein“ ergibt sich,
daß die Arten des Seienden mt den Arten des Einen korrespondieren. Deren Was zu
betrachten, sei Aufgabe einer der Gattung nach identischen Wissenschaft. Ist
das nun eine Wissenschaft von der obersten Gattung, also vom Selben oder
Ähnlichen – und somit vom Seienden oder Einen – oder sind das die
Wissenschaften von den einzelnen Arten? Die einzelnen Arten verhalten sich
zueinander wie Gegensätze – wie etwa die Gattung „Lebewesen“ sich in „Mensch“
und „Nicht-Mensch“ gliedert.
Walter Seitter
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Sitzung vom 29. Jänner 2014
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