Mittwoch, den 28. Juni 2023
Nachdem Hermann die bewohnbare Welt über die geografische Eingrenzung und die Multiplikation von Brüchen, von Al-Battani übernommen, zu bestimmen versuchte, wendet er sich jetzt definitiv verschiedenen geometrischen Versuchen an der Kugelform zu. Weil Al-Battani diese bewohnbare Fläche durch Multiplikation der kleinen Zahlen, in dem Fall Bruchzahlen, ermittelt hat, die dabei immer kleiner werden, ist Hermann der Meinung, dass hier, wegen der Unsicherheit der Prinzipien, nur eine geometrische Demonstration die entsprechenden Beweise liefern könne. Diese ist aber auf der ebenen Fläche nicht möglich sondern muss an der Kugelform bewiesen werden.
Damit beginnt Hermann eine mehrseitige Demonstration mit Linien an der Kugeloberfläche, um die Fläche des bewohnbaren Teils der Erde zu bestimmen. Es werden Kreise durch die Pole gezogen und rechtwinklige Kreise um die Ebene der Ekliptik, den Äquinoktialkreis, es kommen immer neue Kreise dazu um die Fläche einzuengen oder zu erweitern. Der englische Übersetzer Burnett möchte das in den Anmerkungen genau nachvollziehen, er zeichnet auch ein Modell und findet dabei natürlich Unstimmigkeiten. Ich betrachte es als eine Leidenschaft von Hermann, der sich selbst über die Diskussionswürdigkeit seiner Ergebnisse im Klaren ist.
Deshalb schließt er gleich nach den geometrischen Demonstrationen eher Überlegungen zur Plausibilität an. Hermann mischt die Einteilung der Kugel in Quadranten mit einer Sechsteleinteilung, wobei diese Sechstel noch einmal geteilt werden um ein Zwölftel der Erde als bewohnbaren Anteil zu bekommen. Das wird ihm dann zu wenig, denn es muss noch der Raum des Oceanus und Amphitrides mitberücksichtigt werden, die die bewohnte Welt umfliessen. Deshalb wendet sich Hermann einer anderen Autorität zu, dem Ptolemaios, der den Anteil der bewohnbaren Welt mit einem Fünftel annimmt, wobei er zugleich Al-Battani verteidigt, der nicht die Absicht gehabt hätte, unsere bewohnbare Welt vorzustellen. Die Diskussion der Autoritäten hat keine genaue Bestimmung der bewohnbaren Welt zur Folge, aber ein Minimum, ein Zwölftel und ein Maximum, ein Fünftel der Oberfläche des Erdballs. Die anderen Teile kommen wegen des zu großen oder zu kleinen Abstandes von der Sonne ohnehin nicht in Frage, die die richtige Wärme zur Bewohnung zur Verfügung stellen muss.
Während Hermann zwischen diesen Teilen zu große Räume der Hitze und Trockenheit annimmt, sieht er kein Hindernis zum borealen Kreis des Nordpols hin, außer die Unkenntnis des Weges. Auch der Übersetzer Burnett sieht außer dem heißen Tierkreiszeichen Schütze keinen Grund, warum die Tropen nicht überquert werden können.
Hermann zieht einen Kreis durch Toledo um etwas zu demonstrieren, das mir aus dem Verlauf des Textes nicht so deutlich wird, aber der Kreis ist parallel zum Äquinoktialkreis und daher ein Breitenkreis, der den Meridian in einem mit Buchstaben bezeichneten Punkt schneidet. Diese Breite wird schon damals mit 40 Grad bestimmt. Die heutige Position von Toledo ist 40° Breite und -4° Länge.
Karl Bruckschwaiger
Nächster Termin: Aristoteles, Metaphysik, Buch XIV
Anfang Oktober 2023
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