Wir fragen
uns, ob oder inwieweit unser Text „logisch“ komponiert ist oder eher zufällig
zusammengewürfelt erscheint. Diese Frage kann man in bezug auf das gesamte Buch
stellen, das aus 14 „Büchern“ besteht. Das Buch V, das „Wörterbuch“, erscheint
da doch nur so eingeschoben. Und selber enthält es 30 deutlich abgesetzte
Abschnitte, wobei 9, 10 und 11 nicht jeweils einen ordentlichen Begriff
behandeln, sondern jeweils mehrere zusammengehörige irgendwie adjektivische
Bestimmungen.
Nun also
„Früher, später“. Wir siedeln diese Begriffe auf der Zeitachse an, Aristoteles
hingegen nicht nur in der, sondern auch in einem logischen Raum oder in der
Dimension der Orte. Insofern würde sich die Übersetzung „erster“ bzw. „letzter“
nahelegen. Das Erstere wäre zunächst das, was in einer Gattung den Anfang
bildet oder dem Anfang näher steht – entweder der Natur nach oder in
irgendeiner Beziehung; dem Ort nach ist das erstere, was einem natürlichen Ort
oder einem gewählten Ort näher ist; ein natürlicher Ort wäre ein mittlerer oder
ein entferntester. Ein mittlerer Ort im aristotelischen Sinn wäre die Erde, ein
entferntester Ort wäre der „erste“ oder „äußerste“ Himmel.
Mit diesen
beiden von Natur aus hervorgehobenen Orten, mit der Koexistenz von Geozentrik
und Heliozentrik, deutet sich an, dass Aristoteles Anthropozentrik und
Theozentrik verbindet, theoriegeschichtlich protagoreisches und platonisches
Denken. Nach dem kopernikanischen Sieg des Heliozentrismus über den
Geozentrismus, der etwa von Edmund Husserl im 20. Jahrhundert in Frage gestellt
worden ist, lässt sich eine kosmologische Polarität oder Balance annehmen, die
auch aristotelisch gedacht werden kann.
Sofern sein
philosophisch konstruierter Gott im Kosmos verortet werden kann, würde er dem
äußersten Himmel zugeordnet werden. Das wäre denkbar, weil er diesen Gott
ohnehin „physikalisch“ definiert: als unbewegten Beweger. Diese rein
physikalische Gottesdefinition geht natürlich in die Richtung einer „Physik von
allem“ (mit welcher ich sympathisiere).[1]
Woran sich die
Frage anschließen ließe: gibt es auch eine rein physikalische Definition des
Menschen?
Nächste
Sitzung: 7. Oktober 2015
Walter Seitter
--
Sitzung vom 1. Juli 2015
[1]
Siehe Walter Seitter: Physik des
Daseins. Bausteine zu einer Philosophie der Erscheinungen (Wien 1997); Physik
der Medien. Materialien, Apparate, Präsentierungen (Weimar 2002); (Meta)physics
of Media, in: B. Herzogenrath (Hg.): media⎪matter (New York – London 2015)
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