τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Montag, 13. Dezember 2021

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 4 (59vG -60rG)

8. Dezember 2021

 

In dem vorgenommenen Teil des Textes von Hermann ist besonders von der alleinigen Entscheidung des Urhebers (auctor) die Rede und von der Allmächtigkeit des Schöpfers (creator). So wird auch die Differenz von Gott und Welt stark betont, sodass jede Bewegung zwar von Gott ausgeht, aber seine Unversehrtheit oder Ganzheit nicht berührt.

Da interveniert Walter Seitter mit der Frage zu einem Vergleich dieses Gottes mit dem unbewegten Beweger von Aristoteles, der ihm doch ganz anders erscheint. Dieser unbewegte Beweger ist zwar auch Ursache aller anderen Bewegungen, dennoch ist hier keine so deutliche Allmacht zu spüren wie beim christlichen Gott. Ich bezeichne den unbewegten Beweger als Hintergrundursache, was den weit weniger planenden und eingreifenden Auftritt des aristotelischen Gottes einigermaßen treffend charakterisiert.

Der christliche Gott hat immerhin seinen Sohn in die Welt gesandt, um dort zu wirken durch das Wort. Der unbewegte Beweger wirkt durch Willen, Denken, Liebe und Schönheit, also psychische Strebungen, und kann so alle anderen Bewegungen verursachen, ohne sich selbst zu bewegen. Mit der Bewegungsursache der Schönheit kann sich der christliche Gott nicht zufrieden geben, denn er ist Schöpfer von Allem.

 

Diese Schöpfung ist bei Hermann die Bewegung des primordialen Grundes, die aber sofort in zwei Arten von Bewegung aufgespalten wird, in Schöpfung und Zeugung. Diese zweifache Ursachenlehre muss der grundlegenden Differenz von Gott und Welt Rechnung tragen, daher spricht Hermann von der doppelten Urheberschaft von Handwerker und Werkzeug. Die ersten Dinge sind von Gott aus dem Nichts gemacht, die zweiten Dinge werden durch seine zweite Ursache, die Zeugung, veranlasst und diese dauert weiter an an. Hier scheint am Anfang sowohl etwas Vollkommenes wie Gott, aber auch etwas Leeres wie das Nichts zu stehen.

 

Der folgende kurze Plan der Abhandlung verspricht uns eine wohlgeordnete Einteilung der Ursachen, wo eben die erste und bewirkende Ursache abgehandelt wird, worauf die Grundlagen für die zweiten Ursachen folgen sollen, die Form und die Materie. Die zweite Ursache wird nach ihrer Habitudo, nach dem Inhalt von Raum und Zeit, nach dem Gesetz des Machens und nach dem Grund des Instruments dieses Machens dargelegt.

Robert Ketton gibt einen motivierenden und ermahnenden Zwischenruf: „Gottes Schöpfung von Materie und Form.“

 

Hermann denkt über eine Teilhaberschaft Gottes kurz nach, denn die Schöpfung wird über Ursachen erklärt und Gott hat selbst Voraussetzungen für das Wirken der zweiten Ursachen geschaffen, Materie und Form. Sie haben nicht den Status von Teilhabern an der Unsterblichkeit selbst, doch sind sie der Beginn der Zeugungsfähigkeit. Doch damit greife ich schon vor, es wird nur gesagt, das ein Teilhaber Gottes aus den vollkommenen Ursprüngen stammen und mit den unauflöslichen Knoten zusammengefügt sein müsste.

 

Karl Bruckschwaiger

 

 

Nächster Termin: Aristoteles, Metaphysik, 13. Buch, ab 1076a, 38

 

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