τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 14. April 2024

De Anima lesen 2

In De Anima lesen  

Mittwoch, den 20. März 2024

Aristoteles – Lektüre 2 (402a, 7 – 402a, 23) Meiner 1995

Im letzten Satz vor unserem Abschnitt wurde die Seele wie ein Prinzip (arché) der Lebewesen bestimmt oder eigentlich vor der Untersuchung schon als Ausgangspunkt festgelegt. Klaus Corcilius, der Übersetzer der neueren Meiner-Ausgabe von De Anima aus dem Jahre 2017 schlägt als Übersetzung von arché neben Prinzip auch Ausgangspunkt vor. Dieser Übersetzer ist viel etymologischer interessiert als Horst Seidl, der Übersetzer der älteren Meiner-Ausgabe von 1995, der in seinem Kommentar sich vielmehr auf die Philosophiegeschichte bezieht und Frage nach den Wörtern etwas vernachlässigt.

Das erste Wort unseres Abschnittes ist epizetoumen, wo der G-Moll vorschlägt aufsuchen, vermissen und begehren und Corcilius übersetzt: Wir stellen uns die Aufgabe, um was zu tun? Zu betrachten und zu erkennen (theorésai kai gnonai) ihre Natur und das Wesen und alle hinzukommenden Eigenschaften (symbebêkota kath´hauta). Corcilius warnt im vorhergehenden Einführungskommentar davor, diese Eigenschaften mit den gleichlautenden Akzidentien zu verwechseln. Das wollen wir hier ohnehin nicht tun, obwohl Aristoteles im nächsten Satz im Bezug auf diese Eigenschaften zum einen von eigentümlichen Widerfahrnisse der Seele spricht und zum anderen, dass sie dadurch auch den Lebewesen zukommen. Diese Widerfahrnisse (idia pathé) werden bei Corcilius so übersetzt, bei Seidl nur als Eigenschaften, sie scheinen zu allererst nur der Seele zuzukommen und in der Folge auch den Lebewesen.

Es handelt sich doch zuerst um eine Seelenkunde und in der Folge um eine Grundlegung der zoologischen Wissenschaften.

Es folgt die Ankündigung, das es zu den schwierigsten Aufgaben gehört, etwas Verlässliches (pístin) über die Seele in Erfahrung zu bringen. Bei Seidl wird pistis zu Glaubwürdigkeit, bei Gernot Krapinger, Reclam 2011 wird es mit Gewissheit übersetzt. Eine Tendenz zur Steigerung von verlässlich bis zur Gewissheit.

Jetzt fragt sich Aristoteles, und er stellt sich rhetorische Fragen, ob es für die Frage nach der Substanz (ousia) und dem Was-es-ist (to ti esti) nur eine einzige Methode gibt und für die hinzukommenden Eigenschaften den Beweis (apodeixis), sodass man nur diese Methode zu suchen hätte.

Gibt es nicht nur eine einzige Methode, muss man diese für jedes Einzelgebiet herausfinden, wäre der Beweis (apodeixis) oder die Einteilung (diairesis) gefunden, so bleiben noch die Schwierigkeit (aporias) und der Zweifel, von wo der Auslassungspunkt der Untersuchung genommen werden soll.

Denn unterschiedliche Dinge haben unterschiedliche Ausgangspunkte, wie bei Zahlen und Flächen im Gegensatz zu Körpern angenommen werden muss.


Karl Bruckschwaiger





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