τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

* * *

Montag, 22. April 2024

De Anima lesen 3

Peri psyches

402a 23 - 402b 9
Protokoll vom 3.4.2024


Was ist die Seele?
Zu welcher Gattung können wir sie einreihen? Oder was ist sie?
Ist die Seele, dem Vermögen nach, ein Seiendes? Oder ist sie eher eine gewisse Art der wirklichen
Vollbringung (entelecheia)?
Sind sie (die Seelen) alle gleich, oder der Form, der Art (eidos) beziehungsweise der Gattung
(genos) nach verschieden?
Es geht zunächst darum sich der Frage zu stellen, von welchen Ausgangspunkten aus (a 21) die
Untersuchung begonnen werden muss. Aristoteles betont hier, dass es sich dabei um eine
Entscheidung handelt. Es ist notwendig, sich zu entscheiden (anagkaion dielein):
a. zu welcher der Gattungen die Seele gehört, und
b. was sie ist (ti esti).
Es stellt sich also hier die Frage, ob sie (die Seele) ein bestimmtes Ding (tode ti) und Substanz
oder einer kategorialen Bestimmung zuzuordnen sei. Dabei wird auf die verschiedenen
Kategorien Bezug genommen. Zu den Unterscheidungskriterien gehört ebenfalls der Akt:1
zu unterscheiden / zu entscheiden, ob sie etwas ist, das im Zustand eines Vermögens (en
dynamei) sich befindet oder sie als entelecheia – als ein Ding, ein Lebewesen oder eine
Wirkmöglichkeit im Status des vollendet-Vollgebrachten sich befindet.
(Eine Anmerkung hinzu: Das Wort entelecheia übersetzt Buchheim mit „Selbstvollbringung“ und
unterstreicht dabei, dass es sich um einen terminus technicus des Aristoteles handelt.
(‚en‘ ‚telos‘ ‚echein‘) – Buchheim: „Entelecheia ist die Innehabung des Endes oder der Vollendung
im herrschenden Zustand von etwas.“)
Des weiteren muss untersucht werden, ob jede Seele aus Teilen besteht oder sie als ungeteiltes
Ganzes existiert. Ebenso muss untersucht werden, ob sie (die Seelen) dem gleichen eidos
zugehören oder nicht. Und falls nicht, inwiefern sie sich unterscheiden: in Bezug auf das eidos
beziehungsweise in Bezug auf das genos .2
Aristoteles kritisiert an dieser Stelle diejenigen Theoretiker, welche ausschließlich von der
menschlichen Seele als Grundlage ihrer Forschungen ausgingen. Ob sozusagen eine Definition
der Seele auf ein Lebewesen zurückgeht, oder es für jede Art (eidos) eine andere Bestimmung
Aristoteles, Kategorien, Meiner Verlag 1974, Kap. 4: „Jedes ohne Verbindung gesprochene Wort1
bezeichnet entweder eine Substanz oder eine Quantität oder eine Qualität oder eine Relation oder ein Wo
oder ein Wann oder eine Lage oder ein Haben oder ein Wirken oder ein Leiden“.
Die Differenz in Bezug auf das genos ist intensiver als die Differenz in Bezug auf das eidos. Vgl.2
Metaphysik, I, 8, 1057b 35ff.
gäbe. 402b 3 „…ob sie der Form oder der Gattung nach verschieden sind.“ Er spricht hier nicht
nur von den Menschen, sondern ebenso den Tieren und dem Gott.
402b 5-10 / Die Übersetzung Buchheims von dieser Stelle lautet:
„man muss aber aufpassen, dass einem nicht entgeht, ob ihre Definition eine ist, wie die von Lebewesen,
oder im Gefolge von jeder eine andere, wie z.B. von Pferd, Hund, Mensch, Gott, während das Lebewesen
als das Allgemeine entweder nichts ist oder später; genauso, wenn etwas anderes als gemeinsam
ausgesagt würde.“
Zur Unterscheidung zwischen der Bedeutung von Form und Gattung möchte ich ergänzend
folgende Zeilen aus der Metaphysik hinzufügen:
1057b 35-37
„Das der Art nach andere ist anderes zu etwas in etwas und dieses muß beiden zukommen; z.B. wenn ein
Lebewesen der Art nach anderes zu einem anderen ist, so sind beide Lebewesen. Das der Art nach andere
muß sich also notwendig in derselben Gattung befinden.“
1057b 38-1058a 5
„Ich nenne nämlich dasjenige Gattung, was von beiden als ein und dasselbe ausgesagt wird und das sich
nicht bloß in akzidenteller Weise unterscheidet, mag es nun als Stoff existieren oder auf eine andere Weise.
Es muß nämlich nicht nur das Gemeinsame sich in beiden finden, daß z.B. beide Lebewesen sind, sondern
eben dies selbst, Lebewesen, muß für jedes von beiden ein anderes sein, z.B. Mensch und Pferd. Deshalb
ist das Gemeinsame untereinander der Art nach ein anderes.“
Zur Unterscheidung zwischen Pferd und Mensch:
Beide sind Lebewesen, der Unterschied zwischen beiden liegt daran, dass sie ein Anderssein der
Art nach sind. Der Punkt jedoch, der in Verbindung mit der hier besprochenen Textstelle (402b
7-9) von Bedeutung ist, betrifft die Frage, ob die allgemeine Bestimmung von der Seele
nachträglich komme, also nach der von der Art nach ausgesagten.
1058a 7-8
„Ich nenne nämlich den Unterschied der Gattung eine Anderssein, welcher diese selbst, die Gattung, zu
einem anderen macht.“


Sophia Panteliadou
Wien, 10.4.2024

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen