τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Montag, 22. April 2024

De Anima lesen 4 (402b, 10 – 403a, 10)


Mittwoch, den 10. April 2024



Wenn die Seele Teile hat und es nicht viele Seelen gibt, womit soll die Untersuchung begonnen werden. Auch wenn Aristoteles die Frage stellt, ob man mit der ganzen Seele oder mit den Teilen beginnen soll, nimmt er doch Seelenteile an, obwohl er da Vorbehalte hat, welche von Natur her zu unterscheiden sind. Die Frage wird nicht beantwortet, sondern das Fragen weiter differenziert und in den angeführten Beispielen liegt ein Teil der Antwort auf die zuvor gestellte Frage. Wenn die Teile untersucht werden sollen, fragt Aristoteles weiter, ob zuerst die Teile selbst oder deren Leistungen oder Arbeit (erga) kommen soll. Als Beispiele wird der Leistung des Denkens (noein) der Seelenteil der Vernunft (noun) als Prinzip vorausgesetzt und des Wahrnehmen (aisthanesthai) das Wahrnehmungsvermögen (aisthetikonomoios), wie auch bei den anderen Teilen.

Nach Corcilius sind diese anderen Teile die vegetative Selbsterhaltung und die Bewegung, aber wegen des knappen Stils werden sie hier nur angedeutet.

Die Untersuchung wird bei der Konzentration auf die Leistung des Seelenteils mit der nächsten Schwierigkeit (aporeia) konfrontiert, der Frage nach den Gegenständen des Wahrnehmens und des Denkens. Und natürlich ob der Denkgegenstand (noeton) vor dem Denken (nou) zu behandeln sei.

Es folgt eine Abwägung der Nützlichkeit des Erkennens des Was-es-ist, um die der Substanz zukommenden Eigenschaften zu erkennen, gegenüber der Umkehrung, das wir am besten über die Substanzen oder das Was-es-ist sprechen können, wenn wir die Eigenschaften (symbebekota) erklären können. Für den ersten Fall wird die Mathematik bemüht, wo die Kenntnis von Linien und Flächen zum Wissen über Gleichheit von rechten Winkeln in Dreiecken beiträgt Wenn das Prinzip alles Beweisens (apodeixeos) das Was-es-ist sein soll, dann müssen alle Definitionen, aus denen sich keine Erkenntnis der Eigenschaften ergibt leeres Gerede sein. In Aristotelischen Worten dialektisch und leer (dialektikos kai kenos).


Widerfahrnisse

Von den Leistungen und Eigenschaften wechselt Aristoteles von einem Satz auf den anderen zu den Widerfahrnissen (pathé) der Seele und ihrem Träger. Walter Seitter würde wohl sagen von den Activa zu den Passiva, obwohl es nicht ganz stimmt, denn einige von den Widerfahrnissen können auch Leistungen sein, wie etwa das Wahrnehmen. Aristoteles hat sofort die Frage nach den Erleiden der Seele weitergeführt zu der Frage ob es pathé gibt, die nur die Seele erleidet, aber nicht der Körper des Trägers. Da werden das Zürnen, Mutig sein, Begehren und Wahrnehmen angeführt, die nun ohne den Körper nicht denkbar sind. Am ehestens kommt für Aristoteles das Denken als körperlose pathé in Frage. Aber wie widerfährt das Denken der Seele, wie erleidet es das Denken, ohne den Körper einzubeziehen.

Aristoteles zieht sofort eine Linie zum Körper, das das Denken als eine Art Vorstellung gedacht werden könne oder nicht ohne Vorstellung (Phantasia) ist, und somit nicht ohne den Körper sein kann. Wenn sich aber kein Seelenteil vom Körper abtrennen lässt, so werden alle Widerfahrnisse der Seele auch den Körper betreffen.

Hier endet unsere Leseerfahrung vorläufig.


Karl Bruckschwaiger

 

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