τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 26. Mai 2024

De Anima lesen 5 - 403b, 20 – 404a, 10

 

Mittwoch, den 15. Mai 2024


Nach dem Lesen des Protokolls beschäftigt sich Walter Seitter mit der, wie er es nennt, Personalisierung im Text von De Anima, der Dialektiker und der Physiker würden die Widerfahrnisse der Seele anders beurteilen oder definieren. So wäre der Zorn für den einen der Wunsch nach Vergeltung, für den anderen das Sieden des Blutes. Das ist eine Unterscheidung nach Form oder Zweck und Materie. Das nächste Beispiel des Hauses bringt die Frage nach dem Zweck und den Materialien mit der Hinzufügung der Frage nach der Form in den Materialien zu einem bestimmten Zweck willen. Aber wer befasst sich mit dem Zusammengesetzten, der Physiker beschäftigt sich mit den nicht abgetrennten, das meint selbständigen Eigenschaften der Körper und mit den anderen Eigenschaften hat der Techniker zu tun, bei Aristoteles werden der Architekt und der Arzt genannt.

Walter Seitter legt hier Wert auf die Unterscheidung zwischen Kunst und Lehre, als dem Baukünstler und dem Baukunstlehrer oder dem Heilkundigen und dem Heilkundelehrer. Beide sind  Vertreter der poietischen Wissenschaften. Die theoretischen Wissenschaften beschäftigen sich als Mathematik mit den Eigenschaften von Körpern, die aus Abstraktion gewonnen (aphairéseos) wurden und als Erste Philosophie mit Eigenschaften, die abgetrennt sind. Wie diese Abgetrenntheit, dieses Selbständig-sein zu verstehen ist, wurde mir noch nicht verständlich, ist hier der Zorn vom Zornigen abgetrennt oder ein Zorniger von der den anderen Zornigen, oder ist Zornig-sein ohne einen bestimmten Körper oder Zweck denkbar?

In der an diesem Tag gelesenen Stelle handelt es sich um den Anfang des 2.Kapitels des 1.Buches, wo sich Aristoteles den Meinungen (doxas) seiner Vorgänger in der Untersuchung der Seele zuwendet. Einerseits wird die die Beschäftigung mit den Vorgängern damit gerechtfertigt, dass bei den Schwierigkeiten der Untersuchung, deren Fehler vermieden werden könnten, andererseits gebe es auch etwas zu übernehmen. Nun scheint dem Beseelten von Natur aus zweierlei zuzukommen, die Bewegung und das Wahrnehmen. Daher seien zwei Positionen dazu auszumachen, wobei die eine die Seele als das primär Bewegende annimmt wie es Demokrit tut. Er nennt unter den vielen Formen und Atomen die kugelförmigen Feuer und Seele – und hier kommt ein für uns bildhaft poetisches Bild (wobei man sich fragt was es beweisen will) wie die Sonnenstäubchen in der Luft, die durch die im Fenster einfallende Sonnenstrahlen sichtbar werden. Die Gesamtmasse dieser Stäubchen seien die Elemente der Natur, die nach Leukipp kugelförmig sein müssen, damit sie alles durchdringen und damit bewegen könnten. Diese Sonnenstäubchen bilden also das Bewegende und die Seele, daher wird die Atmung zu einem Kriterium des Lebendig-Seins.


Corcilius meint, dass Aristoteles an diesen Punkt des Textes Demokrit und Leukipp vorwirft, dass sie die Unterscheidungsmerkmale zwischen beseelten und unbeseelten Gegenständen zu den grundlegenden Eigenschaften der Seele gemacht hätten und darin die Gesamtleistung und die verschiedenen Tätigkeitsbereiche der Seele verfehlen würden. Selbst bei der Selbstbewegung der Seele würde man in Widersprüche geraten.

Die weitere Lektüre wird es uns verraten.


Karl Bruckschwaiger




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