τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Sonntag, 16. Oktober 2022

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 17 (68vB - 68vF) Seite 150, Z 1 bis Seite 152, Z 1 bei Burnett

5. Oktober 2022

 

 

Am Beginn stand ein gemeinsames Resümieren des Sommers, der Lektüren, der Reisen, und der Pläne für die nächsten Wochen. Walter Seitter erzählte von seiner Lektüre und dem Übersetzen des Buches von Michel Serres „La Naissance de la physique dans le texte de Lucrèce De rerum natura„ aus dem Jahre 1977, wobei sich Walter indirekt natürlich mit Lukrez selbst beschäftigt, der für ihn ein weiteres Paradigma der Physik in der Antike darstellt. Dieses Buch von Serres ist noch nicht ins Deutsche übersetzt (wohl aber ins Englische), eine Aufgabe, die Walter sehr gut zu Gesicht stehen würde. Im Blog der Hermesgruppe gibt es bereits 9 Protokolle zu dieser Sommer-Dichter Lektüre: Serres – Lukrez, die auch gelesen werden wollen.

 

Darin bespricht Walter die allgemeine Vorstellung des Protokolls und was darin festgehalten werden sollte, als Erinnerung einer Sitzung, um wirtschaftliche oder juristische Entscheidungen daran knüpfen zu können. Es wurde der protokollarische Stil auch in die Literatur übernommen als Wahrnehmungsprotokoll, bei Handke etwa. Das kann ich selbst nur aus zweiter Hand protokollieren, es steht mir nicht direkt zur Verfügung wie Walter, da ich keinen Handke gelesen habe. Schon im ersten Protokoll zum Komplex Serres-Lukrez erhebt Walter Seitter den Anspruch die Textsorte „Protokoll“ in die Philosophie einführen zu wollen. Dabei ist es für ihn wichtig, dass der Protokollant sich nicht aus dem Schreiben herausnimmt, sondern sich am Umschreiben und Weiterschreiben des Gelesenen und Gehörten beteiligt. Diese Vorgabe hätte ich durch mein Vergessen des Gesprochenen und falsches Erinnern ohnehin übererfüllt. Ob dadurch ein eigenes philosophisches Schreiben entsteht, möchte ich nicht sofort behaupten wollen, aber die Chance könnte wenigstens gegeben sein.

Ich erzähle, dass ich im Gegensatz zu Handke seit 25 Jahren mit Interesse und Begeisterung Michel Serres lese, und ich habe schon 1995 eine Rezension zur dem Buch „Die Legende von den Engeln“ im Falter geschrieben, zur gleichen Zeit habe ich auch den von Serres herausgegebenen Sammelband „Elemente einer Geschichte der Wissenschaften“ gelesen und das Gelesene bei allen möglichen Gelegenheiten weiter verwendet. In diesem Buch sind Personen versammelt, die mehr als zwanzig Jahre später als klassische Autoren des Anthropozäns gelten können wie Bruno Latour und Isabelle Stengers. Und schon im ersten Aufsatz von Serres „Gnomon: die Anfänge der Geometrie“ stellt er sich die Frage: Eine griechische Mathematik oder zwei? Das ist eine Frage die sich Walter Seitter gerne im Bezug auf die Physik stellt und auch in der Sitzung wieder erwähnte, dass es in der Antike mehrere Physiken gab, die zwar miteinander diskutierten, aber nebeneinander existierten und sich nicht den Anspruch auf Wahrheit gänzlich streitig machten. Die von uns behandelten wären die hylomorphistische Physik des Aristoteles und die atomistische Physik von Demokrit-Epikur-Lukrez.

Noch erstaunlicher ist, dass im 6. Aufsatz, die in diesem Buch Verzweigungen genannt werden, von Paul Benoît und Françoise Micheau über die Araber als Vermittler auch Hermann de Carinthia kurz als Übersetzter der Elemente des Euklid erwähnt wird.

Bei der Sitzung habe ich noch den Beginn des zweiten Buches von „De Essentiis“ zu lesen begonnen, wo uns Hermann auf eine Besprechung der Rolle der Mittleren, das heißt der Planeten, einstimmt und das allgemeine Gesetz der Habitudine oder Gestalt des Aufbaus der Welt einführt, das gewöhnlich als Natur bekannt ist.

Ich erzählte noch am Rande über einen Ausflug in das Sandland an der March am 22. und 23. Oktober und einer Wanderung nach Devin und Walter sprach über das dritte Theben, womit die Bewohner von Strasshof die Burg von Devin bezeichneten.

 

Karl Bruckschwaiger

 

nächste Sitzung: 12. Oktober 2022,  Aristoteles XIII. Buch

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