τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

* * *

Dienstag, 13. Dezember 2022

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 21 (69vF - 70vB) Seite 160, Z 18 bis Seite 166, Z 19 bei Burnett

Mittwoch, den 07. Dezember 2022

 

 

Am Beginn der Sitzung stand wie schon häufig eine Diskussion über den Gegenstandsbereich der Physik und die Wichtigkeit der Physik bei Aristoteles, im Gegensatz zur Mathematik und besonders zur Theologie, die immerhin auch theoretische Wissenschaften sind. Die aristotelische und auch die hermannische Physik beschäftigt sich mit Körpern, die einen Raum einnehmen und sich bewegen können. Nun hat sich die Bedeutung von Körper seit den cartesianischen Zweifeln und der Einteilung in res extensa und res cogitans gewandelt. Bei Hermann spielt res noch keine besondere Rolle, sondern Körper, der eine Lage und Grenzen seiner Ausdehnung haben muss. Selbst die unkörperlichen Dinge haben einen begrenzten Raum, den des Körpers, oder doch der Welt.

 

Wenn auch jede Grenze der Welt ein Ort ist, so hat jedoch die Welt keinen eigenen Ort. Das würde das Gesamte einer anderen Menge zuordnen, wo dieses Gesamte wiederum nur ein Teil wäre, also nicht das Gesamte. Hermann bringt das Beispiel, dass man das Tier als Gattung bezeichnet und dann entgegnet, dass das Tier zu keiner Gattung gehört, das würde den Gattungsbegriff absurd machen, der ja alle Tiere umfassen sollte. So ist jeder Raum in der Welt in einem bestimmten Ort und nicht in irgendeinem oder in allen Orten. Dann kommt ein Beispiel, das etwas an verschiedenen Orten dasselbe ist, und das bringt einen Abstand zu der Antike, der vorher nicht so spürbar war, dass der Rhein in Mainz derselbe ist wie in Köln. Auch die Erde in Italien und Griechenland als dieselbe zu bezeichnen, und dass Paris und Rom nicht durch einen Ort getrennt sind sondern nur einen Abstand im Ort, weist Hermann als Weitgereisten aus, der immerhin kein Kaufmann war.

 

Zeit

 

Der Grundsatz bei Hermann lautet: „Die Zeit aber ist ein Teil der Ewigkeit einer immerwährenden Kreisbewegung.“ Da die Ewigkeit von Hermann eigentlich als einfacher Zustand, ungeteilt, ein und derselbe und unbegrenzt bestimmt wird, ist diese Teilung der Ewigkeit zunächst überraschend, denn die Verschiedenheit, die die Zeit zum Heraustreten aus der Ewigkeit veranlasst, muss zuallererst in der Ewigkeit enthalten gewesen sein. Die Verschiedenheit führt zu einer Bewegung und die Bewegung führt alle Zeit aus der Ewigkeit heraus, ohne das die Ewigkeit weniger vollständig werden würde. Diese Bewegung hat zu einem bestimmten Zeitpunkt begonnen und dadurch erst die Zeit zur Erscheinung gebracht und wird auch wieder enden, ohne dass die Fülle der Ewigkeit davon betroffen ist.

Aber die Zeit kehrt nicht in die Ewigkeit zurück, sondern setzt diese Kreisbewegung fort, indem ähnliche Unterschiede immer wieder ähnliche Gestalten hervorbringen, die von kreisförmigen Umläufen zurückgebracht werden.

Damit eröffnet Hermann eine vielfache Einteilung dieser Unterschiede, was als Beschäftigung mit den Essenzen verstanden wird.

Die erste Einteilung ist eine in Bereiche wie Bekanntheit, Wahrscheinlichkeit und Notwendigkeit, in Latein celebris, probabilis und necessaria, wobei der Gegenstand im ersten die Anwendung des geprüften Wissens ist, in der zweiten den bekannten Personen und die dritte den Prognosen des Weltenlaufs durch den Umlauf der Gestirne gilt. Die Bekanntheit ist noch eingeteilt in jährlich, monatlich und täglich, die Wahrscheinlichkeit fünfteilig nach den Planeten Saturn, Jupiter, Mars, Venus, Merkur, die wieder dreigeteilt in der deren Punkt ihrer exzentrischen Umlaufbahn wie Perigäum, Apogäum und Drachenknotenpunkt (wo die Planetenbahn die Ekliptik kreuzt). Das Notwendige wird nach Abu Ma´shar in vier Zeiträume eingeteilt, wo die Umläufe und die Rückkehr bestimmter Planeten gemessen wird. Daraus werden dann die Überschwemmungen und Verbrennungen oder Dürren der Welt hergeleitet. Hermann bringt einige Beispiele aus der Mythologie und Dichtung, aber auch die Sintflut aus den heiligen Schriften.

Alle diese Einteilungen werden auch für die Geburts- und Jahreshoroskope verwendet, wobei der Aufenthalt bestimmter Planeten im Tierkreis Hinweise auf die Endpunkte und Erfolge des menschlichen Lebens geben. Über diese vielfältige prognostische Spekulation durch verschiedene Orte und wechselnde Bewegung der Zeit sieht Hermann die Astrologen auch imstande über verschiedene Zeitalter hinweg verschiedene Zustände des Menschengeschlechts und der Weltreiche zu beurteilen. So fällt die Regierung der Juden unter den Saturn, die Araber herrschen unter Venus und Mars, während das römische Imperium unter Sonne und Jupiter steht. Hermann merkt zu der römischen Herrschaft an, dass sie alle dem christlichen Glauben unterworfen sind und von der arabischen Sprache als Römer oder Nazarener bezeichnet werden.

 

Karl Bruckschwaiger

 

Nächste Sitzung: 14. Dezember 2022

Aristoteles, Metaphysik, Buch XIII, ab 1083b, 7

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen