τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Dienstag, 7. März 2023

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 24 (72rH - 72vH) Seite 180, Z 8 bis Seite 184, Z 5 bei Burnett.

Mittwoch, den 1. März 2023

 

 

Hermann unterteilt in diesem Abschnitt die Substanz in einen belebten und einen unbelebten Anteil, den belebten Anteil wiederum, der animal genannt wird, in einen körperlichen und einen unkörperlichen. Also von der Gattung animal gibt es zwei Arten und um diese Einteilung besser überblicken zu können, führt Hermann eine Erörterung der Betrachtung speculatio ein, wobei er seinen Angaben nach Boethius folgt. Der Gegenstand der Spekulation ist demnach dreigeteilt:

1) Zusammensetzung der Dinge (rerum compositione)

2) Anordnung der Dinge (dispositione)

3) leitende oder lenkende Ursache (causa moderante)

Die Zusammensetzung ist eine Mischung aus konstituierenden Ursachen, die Anordnung ein geordnetes Verhältnis (habitudo) des Gemischten, das Zusammengehen (coitu) ist die Konstitution und Vollkommenheit jeder körperlichen Substanz. Dann sind noch die lenkenden Ursachen, von denen es ebenfalls drei gibt:

1) die erste Ursache ist die göttliche Substanz

2) die zweite Ursache ist der himmlische Geist

3) von dritter Würde ist die Seele

damit sind auch alle Gattungen von Essenzen genannt, die für die Substanz die Unterschiede ausmachen.

Weil die spekulativen Ursachen mit den Dingen selbst verwandt sind, die speculatio hat selbst eine Spiegelung der Dinge in den Begriffen in der Wortbedeutung, hat die Spekulation auch diesselbe Anzahl von Teilungen.

Nun treten bei Hermann zu den drei Gegenständen der Spekulation die drei Erkenntnisvermögen hinzu, die den theoretischen Wissenschaften bei Aristoteles entsprechen.

1) der Verstand (ratio) tritt zur Zusammensetzung hinzu

2) die Beweisführung (demonstratio) tritt zur Anordnung hinzu

3) die Vernunft zu den lenkenden Ursachen

Der Verstand begnügt sich mit Wahrscheinlichkeit

und seine Wissenschaft ist die Physik,

die Beweisführung stützt sich auf die Notwendigkeit

und ihre Wissenschaft ist die Mathematik

Das Verstehen der Vernunft vertraut auf eine bloße Empfängnis (conceptione)

und seine Wissenschaft ist demnach die Theologie.

Die Zuordnung der Wissenschaften in dieser Weise findet man explizit bei Boethius, wie Burnett in den Anmerkungen schreibt, in De Trinitate II.

 

Hier kommt ein erstaunlicher Satz von Hermann, dass der Aufstieg der Spekulation von der ersten über die zweite zur dritten Stufe, zu einer stärkeren Vertrautheit mit der ersteren führen würde, desto mehr man von der reinen Einfachheit der Vernunft entfremdet wird (alienatur). Das könnte heißen das eine stärkere Beschäftigung mit Physik eine Entfremdung von der Theologie zur Folge hätte. So beschließt Hermann diesen Absatz mit einem Verweis auf die Autorität derer, die in die göttlichen Dinge mit einer reineren Vision eindringen können. Er selbst verbleibt in seiner Arbeit, um weiter über die Wesen sprechen zu können, bei den Dingen, die er durch den Verstand unterstützen und mit der Beweisführung bestätigen kann.

Damit hat er jede selbständige theologische Spekulation abgewehrt, ohne sich gegen eine Möglichkeit der theologischen Wissenschaft selbst offen zu stellen.

 

Hermann bringt in der Folge Beispiele aus griechischen und römischen Sammlungen über den Umgang und die Vertrautheit mit Geistern, unter anderen aus dem Goldenen Stab von Hermes, von Apollonius (Burnett gibt Apollonius von Tyana mit dem Buch De Secretis Nature an) und von Aristoteles Data Neiringet, eine arabische Sammlung astrologischer Anekdoten, die Aristoteles zugeschrieben wurden.

 

 

Karl Bruckschwaiger

 

Nächste Sitzung: 8.März 2023

Aristoteles, Metaphysik, Buch XIV, 1087b, 4

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