Auch die „Elemente“ bilden – wie die Ursachen –
eine Teilmenge der Prinzipien. Sie werden aber viel stringenter definiert:
nämlich als Bestandteile, die in keine weiteren andersartigen Bestandteile
zerlegt werden können. Nehmen wir als Beispiel für ein Zusammengesetztes den
Wein, um auf das Wasser zu kommen.
Der Wein ist zusammengesetzt aus Wasser, Mineralien
(Erde) und „Geist“ (Feuer). Er ist also kein Element. Aber seine drei
Bestandteile kommen den antiken Elementen sehr nahe: jedenfalls galt das Wasser
nicht mehr als zusammengesetzt aus anderen Bestandteilen: es bestand nur aus
Wasserpartikeln. Für die moderne Physik besteht das Wasser aus Wassermolekülen
– das wären die aristotelischen Elemente bzw. das eine Element Wasser. Doch die
moderne Mikrophysik bzw. Chemie zerlegt dieses in noch kleinere und
andersartige Teilchen: Wasserstoffatome und Sauerstoffatome. Daher werden
Wasserstoff und Sauerstoff heute „Elemente“ genannt – was formal den
aristotelischen Elementen entspricht. Nur dass die jetzt eine Stufe tiefer
(mikroskopischer) angesetzt werden. Und die antiken Atomtheorien gingen
ebenfalls eine Stufe unter die wahrnehmbaren Stoffqualitäten. Während die
antike Elemententheorie (Erde, Wasser, Luft, Feuer) bei den sinnlichen
Qualitäten blieb.
In unserer Stelle geht Aristoteles auf die
kosmologische Dimension des Elementenbegriffs nicht ein, sondern begnügt sich
mit Parallelen zur Geometrie und zur Logik, sodaß der Begriff hier sehr blaß
bleibt und dieses Kapitel das „schwächste“ der drei ersten, den archai gewidmeten
Kapitel des Buches V bleibt.
In der Poetik nennt er stoicheion den
ersten – d. h. einfachsten – Bestandteil der Sprache: den Buchstaben, aus
dessen Vermehrung und Zusammenfügung alle weiteren Teile gebildet werden. Die
Grundbedeutung des Wortes ist: Glied einer Reihe, und diese Bedeutung trifft
direkt auf die Buchstaben zu. Das lateinische Wort „Element“ soll ja aus der
Buchstabenfolge L M N stammen. Das griechische Wort besteht fast aus derselben
Lautfolge wie Stück ....
Die vier (oder fünf) kosmischen Elemente gehen über
diesen stückhaften Begriff von „Element“ weit hinaus: sie sind durch sinnliche
Qualitäten bestimmt, durch spezifische Bewegungen sowie
Verwandlungsmöglichkeiten.
Walter Seitter
--
Sitzung vom 14. Jänner 2015
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen