τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Donnerstag, 12. Februar 2015

In der Metaphysik lesen (1015a 30 – 1015b 15)

Die beiden ersten, die „praktischen“ Bedeutungen von „notwendig“, die Aristoteles einerseits in erfolgreichen Mittel-Zweck-Verbindungen, andererseits in der Blockierung des Wünschens durch fremde Gewalt sieht, laufen auf „ursächlich“ hinaus, sind also eigentlich theoretischer, nämlich physischer Natur. Aristoteles sagt das dann auch noch ausdrücklich und spricht noch einmal von „mitursächlich“. Dies bedeutet, dass eine Wirkung mehr als eine Ursache hat. Was wegen der vierfachen Ursachenstruktur (bei Aristoteles) ohnehin unvermeidlich ist; es kann aber wohl auch der Fall eintreten, dass irgendwo nicht nur eine Wirkursache am Werk war. Hier sei erwähnt, daß Uwe Meixner eine historische Verschiebung von der Agenskausalität zur Ereigniskausalität annimmt, eine ontologiehistorische Verschiebung.[1] Die Zurückstellung göttlicher und menschlicher Akteure und die wahrscheinlich-notwendige Verknüpfung der pragmata innerhalb der Tragödie (in der Poetik) geht wohl in Richtung Ereigniskausalität.
Die eigentliche Bedeutung von „notwendig“ liegt darin, daß sich etwas nicht anders verhalten kann (1015a 34, 1015 b 8). Der Begriff echein (sich verhalten) taucht unter den Akzidenzien als hexis auf, doch scheint er dem Wort sein semantisch sehr nahezustehen.
In der Logik ist notwendig, was in einer Beweisführung von Voraussetzungen aus erschlossen wird. Diese sind zwar Sätze, doch auch sie werden „Ursachen“ genannt.
Und dann oder vielmehr zuallererst ist notwendig, was ohne eine ihm äußere Ursache in sich selber „einfach“ ist oder „nur eines“, in seinem Verhalten ohne Mehrfachmöglichkeit. Davon spricht Aristoteles in einem Wenn-Satz und im Plural: irgendwelche Ewige und Unveränderliche, denen keine Gewalt etwas anhaben kann. Für „irgendwelche“ setzt Aristoteles eine Abkürzung ein, die im Deutschen mit „irwelche“ oder „irche“ nachgeahmt werden könnte – damit sie als fern und irgendwie ... Sind die nur in sich selber notwendig oder ist ihre Existenz von uns aus gesehen, die wir nicht solche sind, notwendig anzunehmen – als Ursachen von uns?
Wenn sich Aristoteles in Richtung „Metaphysik“ bewegt, dann so.

Walter Seitter



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Sitzung vom 11. Februar 2015 


[1] Siehe Uwe Meixner: Theorie der Kausalität. Ein Leitfaden zum Kausalbegriff in zwei Teilen (Paderborn 2001): 320ff.

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