Nach physis ist „notwendig“
der nächste hier behandelte Begriff – im Unterschied zu den vorhergehenden
durch ein Adjektiv vertreten, folglich gewiß einer anderen Kategorie zugehörig.
Aber welcher?
Auch bei diesem Begriff nennt Aristoteles
verschiedene Bedeutungen. Die erste wird durch Beispiele veranschaulicht, die
jeweils eine Bedingung oder ein Mittel für eine erwünschte Zweckrealisierung
darstellen: nützliche und daher gute Mittel. Für das Leben der Lebewesen, für
die Erhaltung der Gesundheit oder für den Empfang einer Geldsumme (dafür
wird beispielshalber als notwendige Bedingung eine Reise nach Ägina genannt –
also nichts, was mit Natur zu tun hat; heutzutage könnte man den Besitz einer
Kreditkarte und den Gang zu einem Bankomaten oder aber gute Beziehungen zu
einer bestimmten Bank nennen). Im übrigen werden diese Mittel von Aristoteles
auch als „ursächlich“ (genauer „mitursächlich“) bezeichnet – insofern schließen
sie sich an die ersten vier Begriffe an.
Die zweite Bedeutung von
„notwendig“ sieht sehr konträr aus: nämlich irgendeine Gewalt oder einfach
irgendein Faktor oder eine Tatsache, die sich meinem Trieb, meinem Willen
widersetzt – und zwar siegreich. Also mich zur Unfreiheit oder Erfolglosigkeit
verdammt. Und daher – für mich – eine Niederlage, ein Unglück bedeutet. Auch
hier ließe sich der Begriff „Ursache“ einführen: Ursache meines momentanen
Scheiterns oder meiner dauernden Erfolglosigkeit.
Diese beiden Bedeutungen von
„notwendig“ gehen also ins Praktische, ins Existenzielle. Ihre Darstellung kann
auch Sache von Erzählungen sein: Historiographie, Dichtung. Davon war in der Poetik
die Rede und Aristoteles zitiert eine Stelle aus Sophokles’ Elektra.
Walter Seitter
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Sitzung vom 4. Februar 2015
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