τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Mittwoch, 18. Mai 2022

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 13 (65rA - 65vG)

 

11. Mai 2022

In diesem Abschnitt, der von Burnett „das Medium (die Planeten)“ übertitelt wurde, wird die Rolle der Planeten eingehender besprochen. Trotzdem beginnt die Erörterung wieder mit den ursprünglichen Samen und deren Funktion, einen Übergang von Schöpfung zur Zeugung oder von Kosmologie zur Biologie anzuzeigen. Dazu werden Vermittlungsinstanzen zwischen Oben und Unten eingerichtet, die Vermittlungsaufgaben erfüllen und Verbindungen herstellen sollen. Diese Planeten treten mit ihrem Erscheinen am Himmel in ein sichtbares und als musikalisch erkennbares Verhältnis, wenn man die Planeten als Notenschrift liest.

 

Dazu wird Maximilian Perstl als Musiker zu seiner Definition von Harmonie befragt, der sie als zeitgleichen Zusammenklang von zwei oder mehreren Tönen bestimmt, in Absetzung davon werden Töne zeitlich hintereinander als Melodie definiert. Damit könnte es eigentlich nicht nur eine Himmelsharmonie geben, sondern auch Melodien der Planeten selbst.

 

Hermann wiederholt die Entwicklung der Samen aus einer ersten Zeugung und durch Mischung in Samenbeeten hin zur zweiten Zeugung, wobei die Mischung selbst keine gleichen Samen enthalten kann, da diese kein Verhältnis bilden, das zu einer Zeugung führen würde. Dabei wurde schon früher im Text der Unterschied in den Samen mit dem „sexus“ bestimmt und man kann es als Deutlichmachen der Unfruchtbarkeit des Verhältnisses von völlig Gleichen sehen. Aber auch die Mischung von oberen und unteren Samen geschieht nicht freiwillig und muss erzwungen werden. Dazu musste eine vermittelnde Instanz eingeführt werden, die diese Oberen zwingen kann.

Die Zwangsmittel oder Bänder oder Fesseln sind wegen der großen Entfernung notwendig und werden als das Band der Liebe benannt. Dabei sind die Planeten selbst von gemischter Natur, weil sie sich durch ein natürliches Gefühl der Verwandtschaft sowohl mit dem Himmel wie mit der Erde verbunden fühlen müssen. Um die Aufgabe der Verwirklichung der Zeugung zu beginnen, müssen zuerst die Bedingungen auf planetarer Ebene dafür geschaffen werden. In die Mitte der Planeten wird jetzt die Sonne gesetzt, die der hauptsächliche Zündstoff für die Zeugung alles Lebens sein wird. Der Sonne sind die Planeten als neun Schreiber beigeordnet, wenn man deren Bahnen als gezeichnete Linien betrachten mag. Daher kann ihr besonderes Erscheinen oder ihre Stellung am Himmel als eine Ankündigung einer Bedrohung gelesen werden.

Weniger klar scheint die Aufgabe des Mondes zu sein, der eher nur ein Spiegel der Erde mit seinen Flecken und ein Grenzpunkt der unteren Welt zu sein scheint, da er zwar ein himmlischer Körper ist, aber ohne eigenes Licht.

Sonne und Mond werden mit den Belegen der alten Astronomen als Eltern der Welt bezeichnet. Da es jetzt drei Bewegungen der zweiten Zeugung gibt, das Werden, das Vergehen und den Zeitraum dazwischen, so wird die Rolle der anderen Planeten in einem wechselseitigen Zusammenspiel in zweifacher Form besetzt. Die übelwollenden Planeten Saturn und Mars werden durch die beruhigenden und aufrechterhaltenden Gegenspieler Jupiter und Venus in Schach gehalten. Damit bleibt für Merkur, auch wegen der Nähe zur Sonne, und den häufigen Richtungswechseln seiner Umläufe die Rolle des Soldaten der Sonne, der dort seinen Wachdienst verrichtet.

Diese Anordnung hat die Astronomie hinterlassen, damit sich die Astrologie darüber wundern kann, wie Hermann so pointiert formuliert.

 

Um dem Protokoll einen etwas protokollarischen Charakter zu verleihen möchte ich die verspätete Reaktion von Maximilian Perstl zum großen Teil anfügen, der die Verbindung von Musik und Mathematik, zumindestens die Zahlen, stark zum Thema hat:

 

„Wir sprachen von der Harmonie, wenn sich die Planeten in einer bestimmten Konstellation (laut Hermann) kreuzen: Ich fügte hinzu, dass die Harmonie im Sinne der Musik auf 12 harmonische Begriffe abzuleiten ist. In der westlichen Welt gibt es 12 Harmonien insgesamt (wenn man mikrotonale Harmonien ausschließt), und davon sind Terz, Quart, Quint wahrscheinlich am bekanntesten. 

Eine Harmonie entsteht durch einen spezifischen Abstand zweier Noten (wir nehmen jetzt zwei, um es zu vereinfachen). 

Eine große Terz (es gibt auch eine Verminderte) hat die Besonderheit, dass zwischen Grundton und zweitem angespielten Ton genau 3 Halbtöne liegen. Im Sinne einer Terz in C wären das also die Noten C und E. Zwischen C und E liegen nämlich Cis, D, Dis. Hierbei aufpassen, denn die Denkweise bzw. Zählweise unterscheidet sich oft stark unter den Musikern. Manche meinen, es wäre logischer, eine große Terz in C mit 4 Halbtonschritten zu zählen, wobei man dann auf dem 4. Halbton endet (natürlich ebenfalls ein E), und nicht die Halbtöne zwischen Grundton und harmonisierendem Ton zählt - ich präferiere Ersteres, wahrscheinlich weil indoktriniert. 

 

Mathematik u. Physik helfen, um die Harmonie in ihrem Verhältnis zu verstehen: Die reine (also auf einem perfekt intoniertem Instrument), große Terz entspricht dem mathematischen Verhältnis von 5:4, also 1,25. Die Note C4, auch "mittleres C" genannt, liegt, auf dem Einheitssystem für Frequenzen, geschaffen von Heinrich Hertz, bei 261.626 Hz. Die Note E4, also die Note, die gemeinsam mit C4 die große Terz ergibt, liegt währenddessen bei 329.628 Hz. Setzt man beide Zahlen in einen Bruch, so ergibt das 329.628 / 261.626, was wiederum 1,2599, pi-mal-Daumen also 1,25 ergibt.“

 

 

Karl Bruckschwaiger

 

nächster Termin: 18. Mai 2022

Aristoteles, Metaphysik Buch XIII, ab 1079b 24

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