τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

* * *

Dienstag, 23. Mai 2023

In der Metaphysik lesen * Hermann – Lektüre 30 (76rD - 76vD) Seite 208, Z 12 bis Seite 212, Z 2 bei Burnett.

Mittwoch, den 17. Mai 2023

 

 

Obwohl das Tier auch aus der Vereinigung der Elemente geboren, wird zunächst auch das andere Verhalten der Tiere betont, die habitudo, und das ist bei den Tieren vor allem die Ernährung. Daher ergibt sich auch die Reihenfolge der Zusammensetzungen, von Mineral zu Pflanze zum Tier. Denn das Tier benötigt die meiste Nahrung als Brennstoff zur Aufrechterhaltung der richtigen Wärme, retinaculum temperiei bedeutet wörtlich das Band oder Klammer der Mäßigung, daher muss es unter anderem auch die Pflanze aufnehmen, die sich aus den Elementen selbst durch eine Abkochung, decoctione, was ich als Verdauung übersetzt habe, ernährt hat.

Ein rascher Durchlauf von der Ernährung von Pflanzen zur Zeugung durch Samen führt uns durch das Leben der Tiere. Zuerst wird die pflanzliche Nahrung zu Blut gekocht und durch bestimmte Gefäße gereinigt, dann entsteht der Same, der der passiven Natur injiziert wird. Die gesonderte Zeugung ist notwendig, weil das Tier sich von den ersten Materien schon so weit gelöst hat, das es ein eigenes Gesetz der Fortpflanzung erfordert. Der Same wird jetzt festgehalten und durch zusammenströmende Flüssigkeiten ernährt bis er nicht mehr in Position gehalten werden kann und in die äußeren Lüfte ausgegossen wird. Dort wird er zuerst durch dritte oder vierte Abkochungen von den Organen der Mutter zur Stärke der eigenen Handlung befördert. Eine etwas umständliche Beschreibung vom Wachsen und der Geburt eines Embryos bis zum Säugen mit Muttermilch, die von der Abstraktheit seines Entwurfes der Natur und der Gesetze der zweiten Zeugung herrührt. Danach ringen die inneren Materialien miteinander bis der überwindende Teil das Band der Zusammensetzung löst und damit verschwindet zugleich auch die Form, wie ein gedrucktes Bild im schmelzenden Wachs untergeht. Das ist die Habitudine, die allgemeine Verhaltensweise dieser Gattung, obwohl zur Ernährung noch hinzugefügt wird, dass die Tiere mit mehr feuriger Kraft die übrigen Lebewesen als Nahrung verwenden, und dass es Tiere gibt, die nur von der Wärme der Mütter ernährt werden oder von etwas viel Feinerem, hier ist möglicherweise das Ausbrüten von Eiern im Sinne von Hermann gewesen.

Mit der rationalen Gattung verlassen wir die alchemistische Küche der Verdauung und Muttermilch mit ihren Abkochungen, denn diese Gattung ist eine Mischung des Ganzen der Substanz mit einem Anteil der Essenz, somit aus vergänglichen und beständigen Teilen, aus den Naturen des Verschiedenen und Desselben, damit ein Bild der ganzen Welt.

 

Die Zeit der zweiten Zeugung

 

Der Plan der Abhandlung scheint für Hermann noch nicht abgeschlossen, auch wenn die Bewegung alle Habitudines, also Verhaltensformen oder Erscheinungsweisen der Essenzen geordnet hat. Es fehlt die Unterscheidung des doppelten Behälters von Zeit und Ort, woraus die Ordnung und Verteilung der sekundären Zeugung ersichtlich wird.

Daher postuliert Hermann, dass die Welt nie ohne die Bewegung gewesen sein kann und damit Welt und Zeit absolut gleichzeitig sind. Alle Nachkommenschaft der Welt stammt aus der Zeit. Aber es gibt Abschnitte der Zeit, die zwar den himmlischen Bewegungen folgen, vor allem aber der Sonne, die in ihrem abgelenkten Lauf, in den verschiedene Stadien des Lebens hineinpassen, wie Zeugung, Geburt und Reifung. Hermann muss noch Zeit und Ort für die astrologische Prognose vorbereiten.

 

Karl Bruckschwaiger

 

 

nächster Termin: 24.Mai 2023

Aristoteles, Metaphysik, Buch XIV, ab 1051a, 4

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen