τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Donnerstag, 20. Juni 2024

De Anima Lesen - Zusatzprotokoll (404 a 26 - 404b 6)

den 29. Mai 2024

Zusatzprotokoll (404 a  26 - 404b  6)


Die genannten Autoren sind Homer, Demokrit, Anaxagoras.

Sie gehen wie die vorhin erwähnten mehr oder weniger davon aus, die Seele und ihre Leistungen in der Nähe des Körperlichen anzusiedeln, aber sie richten ihre  Aufmerksamkeit auf spezifisch menschliche Tätigkeiten - wenngleich nicht ohne Mehrdeutigkeiten.

Am interessantesten wohl die Anaxagoras  zugeschriebene Aussage, der Geist (der vielleicht mit der Seele identisch ist), sei die „Ursache des schön und richtig   (Agierens)“ (404b 2).

Schön und richtig hier adverbial - als Eigenschaften von menschlichem Tun, das damit der Beurteilung ausgesetzt wird. 

Und Aristoteles schreibt sich selber so eine Beurteilungskompetenz zu, indem er seinen historischen Überblick mit der Bemerkung einleitet, er wolle die „richtig gesagten (Dinge)“ von den „nicht richtigen“ unterscheiden. (403b 23).

Dabei handelt es sich um Aussagen, die sich zu den von ihm selber gemachten Aussagen kollegial verhalten: Aussagen ähnlichen Typs über gleiche oder selbe Gegenstände. 

Die Gegenstände heißen Seele - mitsamt angrenzenden Gegenständen wie Körper, Geist. 

Die Aussagen sind solche mit Wahrheitsanspruch - überwiegend im theoretischen Sinn, eventuell im medizinischen Sinn.

Wenn die Seele Ursache von richtigem Verhalten ist, wird wohl sie auch Ursache  von weniger richtigem Verhalten sein. Dann aber erweist sie sich als äußerst mächtige, aber auch gefährliche  Ursache - deren genauere Kenntnis aus pragmatischen Gründen sehr erwünscht wäre, wenn sie möglich sein sollte. 

Diese Selbstbezüglichkeit der Seelenkunde wird von Aristoteles damit angedeutet, daß er sie auf seine Kollegen, seine prominenten, bezieht - und damit kann er auch sich selber nicht aus der Problematik ausschließen. 

Wenn andere Berühmte in diese oder jene Fall getappt sind, warum sollte dann er davon ausgenommen  bleiben?

Und wenn wir selber uns „richtig“ verhalten wollen, dann müssen wir jede Gelegenheit dazu ausnützen.

Zum Beispiel Protokolle schreiben  - gegen das Vergessen. 

Diskutieren - gegen die Gleichgültigkeit. 

Und vielleicht die Entscheidung, die jetzige Lektüre mit dem lateinischen Buchtitel zu benennen, revidieren. Auf den Gedanken hat mich meine Erinnerung an den katastrophalen Kreuzzug des Jahres 1204 gebracht.
 
Walter Seitter

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