Kommentar zu Buch VII.6
von Wolfgang Koch
Aristoteles' schwieriger
Begriff des TEE (das Wesen-Was, das Wesen der Sache) führt zu einem logischen
Regressproblem. Ist das TEE selbst ein Wesen, wenn man es von seinem Ding
abtrennen kann? Besitzt es ein substanzielles Sein wie Platons Idee?
Aristoteles lässt die Antwort darauf offen und macht damit das TEE zu einem
schwachen Kandidaten für das Substrat. Man könnte auch sagen, ja: das Wesen-Was
eines Elefanten existiert durchaus auch unabhängig von seiner Klassifikation
als indisch oder afrikanisch, unabhängig von seinem Eigenschaften wild oder
zahm zu sein, die Definitionsleistung des TEE, die das Ding mit einer Kategorie
aus der wissenschaftlichen Systematik und mit Eigenschaften aus den
Seinsmodalitäten verbindet, führt ein begriffliches Eigenleben jenseits der
konkreten Tierwelt, ohne aber aus einem Elefanten je mehr als ein abstraktes
Elefant-Sein machen zu können. Was sich hier schlagend einstellt, ist das
Bewusstsein, dass es die Sprache ist, die das Substrat zum Ausdruck
bringt, nicht die Person, die darum ringt. (WK)
Meines Erachtens
führt der Begriff "Wesen" nicht zu einem Regressproblem, sondern
eröffnet mehrere Denkmöglichkeiten. Drei davon sind die sokratische, die
ihn erfunden hat, die platonische, die aristotelische. Obwohl es sich um eine
sehr theoretische Frage handelt, hat sie bei Sokrates und Platon direkt
politische Gründe. Die werden von Aristoteles eher verschwiegen. Aber seine
strikte Trennung zwischen theoretischen und praktischen Wissenschaften wird
ausgerechnet in der Ersten Philosophie brüchig, wie ich behaupte. Die Frage
ist, ob die Unterscheidung zwischen Wesensbestimmung und Zusatzbestimmung
plausibel ist. Ob es also in den Dingen - egal in welchen - so eine Hierarchie
gibt. (WS)
W. Koch
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