τὸ μὲν οὖν αἰσθάνεσθαι ὅμοιον τῷ ... νοεῖν.

Das Wahrnehmen nun ist ähnlich dem ... vernünftigen Erfassen.

Aristoteles (De Anima III, 7: 431a)

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Dienstag, 12. Oktober 2021

In der Metaphysik lesen * Zwischenprotokoll

 

11. Oktober 2021

 

 

Die aristotelische Unterscheidung zwischen poietischen, praktischen und theoretischen Wissenschaften gerät durch die nähere Bestimmung der Theologie in Fraglichkeit, da diese eindeutig den theoretischen Wissenschaften zugeordnet wird, aber gerade im jetzt gelesenen Abschnitt mit „richtig“, „Gutes“, „Bestes“ operiert. Solche Qualitäten oder Kriterien gehören jedenfalls nicht in den Bereich der „theoretischen Vernunft“ im Sinne von Kant. Folglich muß sie bei Aristoteles eine etwas andere Bedeutung haben – nämlich Betrachtung aller Entitäten und Qualitäten darunter auch solcher wie „gut“, „schlecht“, „sinnlos“ und sogar „böse“. Aber eben nur emphatische und empathische Betrachtung und Besprechung ohne irgendwelche Handlungsanweisung, Empfehlung oder dergleichen. Die praktischen Wissenschaften hingegen setzen zwar mit Betrachtungen ein, gehen aber dann über zu Handlungsvorschlägen, -empfehlungen, -problemdarstellungen usw. Die antike „Theorie“ beschränkt sich nicht auf neutrale Tatsachen- und Strukturfeststellungen, sie hat einen weiteren Horizont.

 

Es empfiehlt sich, die drei Modalisierungen nebeneinander aufzuschreiben und in der Vertikalen unterschiedliche Verhaltensweisen einzutragen, dann entsteht so ein Diagramm:

 

 

 

VERNUNFT

 

PHILOSOPHIE

 

WISSENSCHAFTEN

 

LEISTUNGEN

 

 

     POIETISCH           PRAKTISCH              THEORETISCH

 

 

Wo sich die vertikalen Achsen mit der horizontalen treffen, kann man wichtige Phänomene benennen und damit viel Klarheit erzeugen und das aristotelische Denken mit unserer Realitätsauffassung vergleichen. Beispiel: welche poietischen Leistungen gibt es und welche poietischen Wissenschaften?

 

Am Schluß eine kleine Vermutung: auch wenn man die antiken theoretischen Wissenschaften so akzeptiert, wie sie konzipiert waren, muß man an ihnen etwas „Poietisches“ feststellen (sic!). 

 

 

Walter Seitter

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